UBS-Vorsorgeforum: 13. AHV hat negative Auswirkungen auf die Generationengerechtigkeit

Zurich05. Sep. 2024, 09:15 MESZMedia Switzerland

Mit der Annahme der Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter» zahlt die staatliche Vorsorge allen bestehenden und zukünftigen Rentnerinnen und Rentnern ab 2026 etwa 8 Prozent mehr Rente im Jahr. Ohne Gegenfinanzierung steigt die AHV-Lücke um fast 80 Prozent an. Die neuste UBS-Vorsorgestudie zeigt die Auswirkungen dieser Mehrausgaben, potenzielle Finanzierungs- und weitere zukünftige Reformmöglichkeiten auf. 

Zürich, 5. September 2024 – Die Analyse der aktuellen und zukünftigen Einnahmen und Ausgaben des Staates sowie die Kosten einzelner Zweige wie der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV, 1. Säule) geben Aufschluss über deren finanzielle Lage. Dieser Überblick, auch wenn er auf Annahmen beruht, ist wichtig, um zukunftsweisende Entscheidungen über Sparmassnahmen und Investitionen treffen zu können. Diese wiederum haben Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistung und damit auch den Wohlstand des Landes und seiner Bürgerinnen und Bürger.

Im Wesentlichen finanziert sich der Staat durch die Beitrags- und Steuerzahlungen der Erwerbsbevölkerung, während die Kinder und Älteren Nettobezüger von Leistungen sind. Da die Anzahl Kinder wegen der historisch tiefen Geburtenrate stagniert und die Anzahl Rentner wegen der steigenden Lebenserwartung immer grösser wird, weist der Staat insgesamt ein Finanzierungsdefizit auf, das vor allem durch Gesundheits- und Pflegeleistungen sowie die Altersvorsorge getrieben ist (Abbildung 1).

Mehr Rente ist sicher, aber nicht gratis

Mit Annahme der Initiative zur 13. AHV-Rente steigen die finanziellen Herausforderungen in der 1. Säule weiter. Der Barwert der gesamten AHV-Rentenversprechen – inklusive 13. Rentenzahlung ab 2026 – übersteigt den Barwert der zukünftigen Einnahmen der 1. Säule um 177 Prozent des Schweizer BIP von 2021. Die implizite Verschuldung beträgt somit über 1315 Milliarden Franken (in Preisen von 2021). Ohne 13. AHV-Rente betrug die AHV-Finanzierungslücke etwa 101,8 Prozent des BIP oder rund 760 Milliarden Franken (Abbildung 2). Berücksichtigt man das Vermögen des AHV-Ausgleichsfonds, das mit etwa 50 Milliarden Franken auf den ersten Blick enorm erscheint, aber ohne weitere Reformen schnell aufgebraucht sein wird, sprechen wir immer noch von einer Nachhaltigkeitslücke von etwa 170 Prozent des BIP.

Der Bundesrat hatte initial mehrere Optionen zur Finanzierung der 13. AHV-Rente vorgelegt (Szenarien 1a bis 2b). Zur vollständigen Schliessung der AHV-Finanzierungslücke, die zusätzlich zur Finanzierung der 13. AHV-Rente erfolgen muss, könnten weitere Erhöhungen von Lohnbeiträgen und der Mehrwertsteuer vorgenommen werden. UBS-Berechnungen in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg im Breisgau zeigen, dass bei einer Sanierung der AHV-Finanzen ausschliesslich durch Lohnbeiträge diese auf 11,5 Prozent angehoben werden müssten (Szenario 3a). «Während die heutigen Rentenbezüger im Verlauf ihres Erwerbslebens lediglich 2 bis 4,35 Prozent ihres Lohneinkommens für die Renten der Eltern- und Grosseltern abgaben und eine tiefere Mehrwertsteuer für die AHV zu finanzieren hatten, müssten die heutigen Generationen 5,75 Prozent ihres Einkommens aufwenden. Auch für Unternehmen steigen die Beiträge im Vergleich zu den anfänglichen Lohnnebenkosten für Vorsorge um mehr als das Doppelte,» erklärt Dr. Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin bei UBS.

Einnahmenseitige Massnahmen belasten die Wirtschaft

Will man die Last nicht ausschliesslich und direkt auf Arbeitnehmende und Arbeitgeber verteilen und teilweise durch eine (noch) höhere Mehrwertsteuer decken (Szenario 3b), wäre eine Kombination von 11 Prozent Lohnbeiträgen und 8,7 Prozent Mehrwertsteuer denkbar. Beide Szenarien berücksichtigen allerdings nicht die möglicherweise weitreichenden Zweitrundeneffekte. Höhere Abgaben bei Privatpersonen und Unternehmen verringern den Spielraum für den unmittelbaren Konsum sowie zukunftsorientierte Investitionen. Auch ein stagnierendes Beschäftigungswachstum infolge der höheren Kosten könnte zu den negativen wirtschaftlichen Konsequenzen zählen. «Wir müssen bedenken, dass die Wirtschaftsleistung der Schweiz ebenfalls wichtig für die Finanzierung der Altersvorsorge ist,» sagt Jackie Bauer, Vorsorgeexpertin und Ökonomin bei UBS. Die Finanzierung der 13. AHV allein durch eine Mehrwertsteuererhöhung von aktuell noch unbestimmter Höhe, die vom Bundesrat vorgeschlagen wurde, hätte zusätzlich zu den wirtschaftlichen auch einseitig soziale Auswirkungen, da Geringverdiener tendenziell einen grösseren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für den Konsum ausgeben.

Weitere Finanzierungsverbesserungen sind über ein höheres Rentenalter oder auch in kleinem Masse durch eine Anpassung der Rente ausschliesslich an die Preisentwicklung oder die Abschaffung der Witwenrente zu erreichen. Das Generationenbilanzmodell zeigt, dass in Zukunft eine in ihrer Anzahl stagnierende Gruppe von Erwerbstätigen eine wachsende Gruppe an Rentnern finanzieren muss. Dies hat Wohlstandseinbussen für die nachfolgenden Generationen zur Folge, deren Gerechtigkeit man hinterfragen und in zukünftigen Reformdiskussionen berücksichtigen sollte.

Abbildung 1: AHV und OKP sind Treiber der impliziten Verschuldung
Finanzierungslücke nach Bereich, in Prozent des BIP, Basisjahr 2021, Produktivitätswachstum = 1,1 Prozent, realer Zinssatz = 2,1 Prozent

AHV und OKP sind Treiber der impliziten Verschuldung

Abbildung 2: 13. AHV erhöht die Finanzierungslücke der staatlichen Vorsorge massiv
AHV-Finanzierungslücke, nach Alter, in Prozent des BIP, Basisjahr 2021, Produktivitätswachstum = 1,1 Prozent, realer Zinssatz = 2,1 Prozent

Abbildung 2: 13. AHV erhöht die Finanzierungslücke der staatlichen Vorsorge massiv

UBS Switzerland AG

Kontakt

Jackie Bauer, CFA,
jackie.bauer@ubs.com

Veronica Weisser,
veronica.weisser@ubs.com

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