AHV 21 angenommen – es bleibt viel zu tun
Die Reform zur Stabilisierung der AHV (AHV 21) wurde vom Schweizer Stimmvolk angenommen. Was das konkret für Sie bedeutet, erfahren Sie im Artikel.
Die Annahme der Reform AHV 21 wirkt sich positiv auf die langfristige finanzielle Stabilität der 1. Säule aus. Sie reduziert die aktuelle Finanzierungslücke um über ein Drittel (siehe nachfolgende Grafik). Die Erhöhung der Mehrwertsteuer (um 0,4 Prozentpunkte) trägt mit 20,3 Prozentpunkten am stärksten zur Reduktion bei. Das Kernelement der Reform, die Harmonisierung des Referenzalters der Frauen mit demjenigen der Männer auf 65 Jahre, verkleinert die Lücke um 17 Prozentpunkte. Die Kompensationsmassnahmen für die ersten neun Neurentenjahrgänge wirken der Reduktion der Finanzierungslücke um 0,9 Prozentpunkte entgegen. Die Massnahmen zum flexiblen Rentenbezug und zu den Anreizen für ein längeres Erwerbsleben wirken sich hingegen nicht nennenswert auf die Finanzierungslücke aus.
Die Vorlage wird 2024 in Kraft gesetzt. Das Rentenalter wird schrittweise um drei Monate pro Jahr erhöht. Der erste Rentenanstieg erfolgt im Jahr 2025. Somit wird das Rentenalter 2028 bei 65 Jahren stehen.
AHV 21 verkleinert Finanzierungslücke
AHV 21 verkleinert Finanzierungslücke
Zukunftsweisendes Signal
Zukunftsweisendes Signal
Mit der Annahme der AHV 21 wird erstmals seit 25 Jahren das Rentenalter erhöht. Dadurch besteht die Chance, dass die Schweiz sich in Zukunft anderen europäischen Ländern anschliesst und das Rentenalter für Männer und Frauen weiter an den demografischen Wandel anpasst.
Die Flexibilisierung des Referenzalters war ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung, denn es signalisiert sowohl Unternehmen wie auch Erwerbstätigen, in Zukunft auf eine längere Erwerbsphase zu setzen. Als positiver Nebeneffekt könnte dies auch den Fachkräftemangel in der Schweiz mildern.
Selbst wenn sich die finanzielle Situation der staatlichen Vorsorge vorerst stabilisiert, erlaubt dies jedoch nur eine kleine Verschnaufpause, denn der demografische Wandel schreitet unbeirrt voran: Schon ab 2029 wird die AHV laut Berechnungen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) voraussichtlich wieder ein Umlagedefizit aufweisen.
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Die AHV in den Fängen der Demografie
Die AHV in den Fängen der Demografie
Die Schweiz wird immer älter. Die Anzahl der Personen ab 65 Jahren wird in der Schweiz bis 2060 um etwa 80 Prozent steigen. Aber: Die Anzahl der Personen im Erwerbsalter wird im gleichen Zeitraum praktisch stagnieren (Prognose Bundesamt für Statistik, siehe nachfolgende Grafik). Entfielen 2020 noch knapp 3,2 Personen im Erwerbsalter auf eine Person im Rentenalter, so werden es im Jahr 2040 nur noch 2,3 sein. Weitere Reformen sind somit unerlässlich.
Anteil 65+ steigt stark an
Anteil 65+ steigt stark an
AHV mit über 900 Milliarden Franken verschuldet
AHV mit über 900 Milliarden Franken verschuldet
Bereits vor der Abstimmung überstieg der Barwert der gesamten AHV-Rentenversprechen den Barwert der zukünftigen Einnahmen der 1. Säule um 125,7 Prozent des Schweizer Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das heisst, die implizite Verschuldung beträgt über 900 Milliarden Franken (in Preisen von 2019). Berücksichtigt man das Vermögen des AHV-Ausgleichsfonds, das mit etwa 50 Milliarden Franken enorm erscheint, sprechen wir immer noch von einer Nachhaltigkeitslücke von 119,5 Prozent des BIP.
Nach der Reform ist vor der Reform
Nach der Reform ist vor der Reform
Langfristig missachtet das Umlageverfahren der AHV immer noch den Generationenvertrag (siehe nachfolgende Grafik). Denn das Gesetz gewährt das Anrecht auf eine AHV-Rente allein aufgrund der Zahlung von Beiträgen. Dies lässt ausser Acht, dass damit nur die Pflicht gegenüber der Elterngeneration erfüllt ist. Um gemäss Generationenvertrag ein Anrecht auf eine Rente zu erlangen, müsste die Generation der Kinder genügend gross sein.
Generationenverträge vereinfacht dargestellt
Generationenverträge vereinfacht dargestellt
Belastung der jungen Generationen
Belastung der jungen Generationen
Auch wenn diese Reform dringend nötig war und ein Schritt in die richtige Richtung darstellt, ist sie problematisch in Bezug auf die Generationengerechtigkeit. Das gilt insbesondere für die Erhöhung der Mehrwertsteuer, denn diese Konsumsteuer trifft als Anteil am Einkommen vorwiegend die einkommensschwachen sowie jungen Haushalte. Auch die verbleibende AHV-Finanzierungslücke wird mehrheitlich die jungen Generationen belasten.
Jede und jeder kann etwas tun
Jede und jeder kann etwas tun
Somit ist es vor allem für Menschen unter 50 Jahren wichtig, sich so bald wie möglich mit der privaten Vorsorgesituation auseinanderzusetzen. Ob mit oder ohne Reform: Eigenverantwortung wird immer wichtiger. Menschen über 50 können sich wahrscheinlich auf eine aktuelle Vorberechnung ihrer Rente und die Besitzstandswahrung im Falle einer weiteren Reform verlassen. Doch auch sie schlafen besser, wenn sie sich mit einem umfangreichen Vorsorge-Check einen guten Überblick über ihre Situation verschaffen. Zudem sollten sie bei weiteren Reformdiskussionen an die Zukunft ihrer Kinder denken.
Damit die Kinder nicht nur unsere Zukunft verkörpern, sondern selbst eine Zukunft ohne starke finanzielle Belastung vor sich haben, sind verteilpolitisch fairere und damit schnell implementierte Lösungen gefragt. Mögliche Massnahmen, mit denen sich die rentennahen Jahrgänge und die Rentnerinnen und Rentner an der Sanierung beteiligen, umfassen eine Verkürzung der Rentenbezugszeit, eine Reduktion der Renten oder eine temporäre Dämpfung der AHV-Rentenanstiege.
Die grundlegende politische Herausforderung besteht darin, die Perspektive der wählerstarken Über-50-Jährigen auszuweiten und die jüngeren Generationen am gesellschaftlichen Zukunftsnarrativ der Schweizer Altersvorsorge teilhaben zu lassen. Das gilt für jede Reform der AHV.
Weil ein persönliches Gespräch viel wert ist
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