Das Wichtigste in Kürze

  • Wer an den Finanzmärkten investiert, ist stetigen Veränderungen ausgesetzt.
  • Der Umgang mit Unsicherheit ist nicht immer einfach und führt bei Anlegerinnen und Anlegern manchmal zu vorschnellen oder unüberlegten Handlungen.
  • Konservatismus-, Anker- und Dispositionseffekt können hinter diesen Verhaltensmustern stecken.
  • Testen Sie Ihr Wissen am Ende des Artikels.

Wie der griechische Philosoph Heraklit schon sagte: «Nichts ist so beständig wie der Wandel.» Dies gilt insbesondere auch für Finanzmärkte. Kurse steigen und fallen täglich. Unbewusste Verhaltenstendenzen, auch Biases genannt, führen zu bestimmten persönlichen Reaktionen auf Marktentwicklungen. Damit Sie Ihr eigenes Verhalten bei Kursschwankungen besser verstehen und folglich besser informierte und objektivere Entscheidungen treffen können, erklären wir Ihnen drei dieser Tendenzen genauer.

Die Neigung zu Konservatismus: einmal gut, immer gut?

Stehen wir vor einer neuen Entscheidung, tendieren wir dazu, Informationen aus früheren Entscheiden herbeizuholen und neue Informationen zu vernachlässigen. So zumindest besagt es der sogenannte Conservatism Bias oder auf Deutsch Konservatismuseffekt.

Die Herausforderung dabei ist: Wer an seinem Vorwissen festhält und dieses nicht durch neue Erkenntnisse erweitert, wird bei Veränderungen keine fundierten Entscheide treffen können. Anlegerinnen und Anleger, welche diese Verhaltenstendenz zeigen, investieren tendenziell konservativer und reagieren verzögert auf die Trends am Finanzmarkt.

Stellen Sie sich folgendes Beispiel vor: Sie investieren in ein Unternehmen, das sich durch Bindung von Treibhausgas auf die Reduktion von CO2 in der Erdatmosphäre spezialisiert hat. Heutzutage ist die Technologie neu und einzigartig. In zehn Jahren könnte aber ein Konkurrent schon viel etablierter sein. Wer nicht informiert bleibt, verpasst im schlimmsten Fall den Anschluss. Basierend auf veralteten Informationen könnten Anlegerinnen und Anleger versucht sein, der ursprünglichen Investition treu zu bleiben und diese nicht im entscheidenden Moment zu verkaufen.

Zurückführen lässt sich dieses konservative Verhalten bis in die Anfangszeit der Menschheit. Damals überlebte der Mensch, indem er sein Verhalten von früher kopierte. Heute dreht sich die Welt um einiges schneller und repetitive Verhaltensmuster sind gerade in (volatilen) Finanzmärkten oft nicht zielführend.

Tipps:

  • Informieren Sie sich aktiv über Finanzmärkte und Trends.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Bankberaterin oder Ihrem Bankberater über Veränderungen am Markt.
  • Prüfen Sie im Rahmen Ihrer Anlagestrategie und Ihres Risikoprofils verschiedene Anlagelösungen, gerne unterstützen wir Sie dabei.

Beachten Sie den Ankereffekt

Wer sich hin und wieder etwas in einem Onlineshop nach Hause bestellt, kennt folgendes Beispiel: Da stehen zwei gleiche Produkte. Beim ersten Produkt ist der originale Preis von 50 Franken durchgestrichen, daneben steht ein tieferes Angebot von 20 Franken. Unter dem zweiten Produkt steht nur der Originalpreis von 20 Franken. Welches Produkt würden Sie eher kaufen?
Obwohl beide Produkte gleich teuer sind, wählen die meisten Personen wahrscheinlich das erste. Warum? Weil wir dazu tendieren, uns an der ersten verfügbaren Information zu orientieren. Dieses Verhalten nennt sich Anchoring Effect oder auf Deutsch Ankereffekt.

Folgeinformationen vergleichen wir unbewusst mit der vorhergehenden Information – sie dient uns als eine Art Anker zum Vergleich.

Angewendet auf den Aktienmarkt, bedeutet die Ankerheuristik, dass man sich am Einstiegswert der Aktie orientiert und nach dem Kauf befürchtet, der Preis könnte sinken. Voreilige Verkäufe, die zukünftige Aufschwünge verunmöglichen, führen dann zu möglichen verpassten Chancen.

Tipps:

  • Verlassen Sie sich nicht automatisch auf die erste verfügbare Information und betrachten Sie bei Ihrer Entscheidung immer das Gesamtbild.
  • Durchhalten lohnt sich. Verfallen Sie nicht der Versuchung, beim ersten Preissturz direkt zu verkaufen. Im besten Fall minimieren oder vermeiden Sie gar einen Verlust, wenn sich der Kurs später wieder erholt.
  • Wenn Sie mit verschiedenen Angeboten für ein Produkt konfrontiert werden, hinterfragen Sie dabei immer aktiv, in welchen Attributen sich diese Produkte unterscheiden. Prüfen Sie danach, welches der Produkte besser zu Ihren Bedürfnissen passt.

Verstehen Sie den Dispositionseffekt

Erinnern Sie sich noch an das Swissair-Grounding? Als 2001 die nationale Fluggesellschaft der Schweiz Konkurs ging, haben viele Anlegerinnen und Anleger auf bessere Zeiten gehofft, in denen sie für ihr Durchhaltevermögen belohnt würden. Sie sind dem sogenannten Dispositionseffekt erlegen.

Der Dispositionseffekt zeigt sich vor allem im Anlagekontext und lässt sich mit folgendem Zitat der beiden Wirtschaftswissenschaftler Hersh Shefrin und Meir Statman umschreiben:

Sell winners too early and ride losers too long.

Der Dispositionseffekt beschreibt die Situation, dass Anlegerinnen und Anleger Aktien mit sinkendem Kurs zu lange halten und solche mit steigendem Kurs zu schnell abstossen.

Natürlich gibt es kein Richtig oder Falsch beim Anlegen, denn niemand kann den Marktverlauf vorhersagen. Je nach Anlagestrategie kann sich eine frühzeitige Gewinnmitnahme durchaus lohnen. Wer jedoch mit «Buy and Hold» auf ein langfristiges Dividendenwachstum hofft, dem ist mit einem überstürzten Verkauf wenig geholfen.

Dem Dispositionseffekt steht der Loss Aversion Bias diametral gegenüber, wonach Anlegerinnen und Anleger ihre Aktie sofort verkaufen würden. Lesen Sie mehr zur Loss Aversion und zu weiteren psychologischen Verzerrungen aus dem Bereich des Behavioral Finance im Artikel «Anlegen oder nicht? Was den Entscheid beeinflussen kann».

Tipps:

  • Weil niemand den Markt timen kann, sollten Sie nicht ohne Plan anfangen anzulegen. Stattdessen empfiehlt es sich, einen persönlichen «Investment Rationale» – Gründe, weshalb man investiert – zurechtzulegen und gemäss diesem die Investitionsentscheide zu fällen. Falls diese Gründe nicht mehr gegeben sind, verkaufen Sie, ansonsten behalten Sie die Anlage.
  • Betrachten Sie Ihre Finanzentscheidungen nie isoliert, sondern immer im Kontext Ihrer gesamten finanziellen Situation und Anlagestrategie.

Bei Ihrer nächsten Investition lohnt es sich, an diese drei Verhaltenstheorien zurückzudenken und das eigene Verhalten zu hinterfragen. Versuchen Sie zu erkennen, welche Verhaltenstendenz – wenn überhaupt – bei Ihnen persönlich dominiert, und versuchen Sie diese zu vermeiden.

Testen Sie Ihr Wissen

Wählen Sie Ihre Antwort und erfahren Sie, was andere geantwortet haben.

Stellen Sie sich vor, Sie sind bei einer Spielshow dabei. Sie haben 10’000 Franken auf sicher. Wenn Sie nun das Spiel verlassen, bekommen Sie einen Bonus von 5000 Franken zusätzlich. Der Show-Master bietet Ihnen jetzt aber sogar noch eine Joker-Frage an. Wenn Sie richtig liegen, bekommen Sie zusätzlich 10’000 Franken, andernfalls wird Ihnen der Bonus von 5000 Franken abgezogen. Sie entscheiden sich für den sicheren Weg und gehen mit 10’000 Franken plus Bonus nach Hause. Welcher Verhaltenstendenz sind Sie verfallen?

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Monica investiert seit Jahren in unterschiedliche Anlageklassen. Sie hat seit Jahren Aktien von einem Unternehmen, das mit fossilen Brennstoffen handelt. Nach Rücksprache mit ihrem Finanzberater entscheidet sich Monica, diese Aktien abzustossen und stattdessen Aktien eines Unternehmens aus der Fotovoltaikbranche ins Portfolio aufzunehmen. Welche Verhaltenstendenz hat Monica ausgehebelt?

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Eine der Aktien in Ihrem Portfolio verliert gerade an Wert und fällt unter den Kaufpreis. Sie entscheiden sich, die Aktie sofort zu verkaufen. Wenige Tage später steigt der Kurs wieder und erreicht den Höchststand des letzten Jahres. Welcher Verhaltenstendenz mögen Sie beim Verkauf verfallen sein?

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