Zürich, 19. Januar 2021 – Die Schweizer Wirtschaft befindet sich zwischen Bangen und Hoffen: Einerseits hat das Coronavirus das Land im Griff, andererseits gibt der Start des nationalen Impfprogramms Zuversicht. Bevor aber nicht der Grossteil der Bevölkerung daran teilnimmt, werden die Behörden ihre restriktiven Massnahmen beibehalten und die Wirtschaft weiterhin unter Druck bleiben. Wenn das Impfprogramm an Breite gewinnt, rechnen die UBS-Ökonomen mit einer deutlichen Konjunkturbeschleunigung – schweizweit und global. In dieser zweiten Phase ab dem Frühjahr sollten die Massnahmen stufenweise zurückgefahren werden, was der Konjunktur Schwung verleiht. Daniel Kalt, Chefökonom UBS: «Eine Impfung ist im Moment der einzig gangbare Weg zu einer nachhaltigen Erholung der Schweizer Wirtschaft. Wir sind zuversichtlich, dass dies in den nächsten Quartalen tatsächlich erfolgt.» UBS rechnet 2021 mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 3,6 Prozent und 2022 von 3,0 Prozent, nachdem 2020 das BIP um 3,2 Prozent zurückgegangen sein dürfte.

Neben den vorsichtig optimistischen Wirtschaftsprognosen prägen auch Risiken das Konjunkturbild 2021, wie die Geschwindigkeit, Wirksamkeit und Akzeptanz der Impfkampagne. Sie entscheiden, wie rasch und wie stark sich die Wirtschaft erholen kann.

Ruhigeres Jahr für die Nationalbank

Erholung dürfte sich auch in einem robusten Wachstum der meisten Branchen widerspiegeln, auch wenn wohl nicht Die überall die Rede von einer Rückkehr zum Vor-Corona-Trend sein wird. Die hiesigen Wachstumsmotoren wie die Pharmaindustrie mussten in der Krise wenig Federn lassen und dürften ihr Potenzial rasch wieder ausschöpfen, aber strukturell schwachen, stark gebeutelten Branchen fehlt die Substanz und die Nachfrage für eine Rückkehr zum früheren Produktionsniveau. Die Verlierer der Krise dürften nicht so schnell wieder aufschliessen, was den Strukturwandel weiter vorantreibt.

Die erwartete Konjunkturerholung in Europa dürfte zu einer leichten Aufwertung des Euro gegenüber dem Franken führen. Das dürfte der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erlauben, sich auf dem Devisenmarkt mit Interventionen zurückzuhalten und ihre Leitzinsen unverändert zu lassen. Geldpolitik und Zinsentwicklung sind 2021 mit relativ wenigen Unsicherheiten behaftet. «Die SNB dürfte trotz der Währungsmanipulations-vorwürfe aus Washington ein ruhigeres Jahr erleben», meint UBS-Ökonom Alessandro Bee.

Freundlicher Grundtenor bei Wohnimmobilien

Eigenheime und Mehrfamilienhäuser verteuerten sich 2020 um 3 resp. 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die intakte Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten und die Erwartung stabiler Investitionserträge hielten die Nachfrage hoch. Beide Segmente werden sich auch 2021 voraussichtlich weiter verteuern. Der Preisanstieg dürfte sich gegenüber dem Vorjahr aber klar verlangsamen. Bei Mehrfamilienhäusern ist an Spitzenlagen das Potenzial für weitere Erhöhungen bei den aktuellen Zinsen und Mietpreisen praktisch ausgeschöpft. Die Wohnungsmieten dürften um rund 1 Prozent sinken.

Der Büroflächenmarkt dürfte sich 2021 insgesamt wenig verändert zeigen. Die Neuvermietung von Flächen wird wieder langsam an Fahrt gewinnen. Auf Büroliegenschaften lastet allerdings die Unsicherheit über die langfristige Nachfrageentwicklung. Verkaufsflächen litten unter den deutlichen Umsatzrückgängen im stationären Non-Food-Handel und kämpfen in den nächsten Monaten weiter mit Mietzinsausfällen. Sie dürften sich aber langfristig besser behaupten als gemeinhin erwartet, da die Preisvorteile des Onlinehandels erodieren.

Vor Corona ist nicht nach Corona

Vorderhand wird mit der erwarteten Erholung auf dem Immobilienmarkt schon bald wieder scheinbare Normalität einkehren. Doch die Anzahl der Erwerbstätigen im regelmässigen Homeoffice dürfte sich in den nächsten fünf Jahren gegenüber dem Stand von vor der Corona-Krise verdoppeln. Claudio Saputelli, Leiter Global Real Estate im UBS Chief Investment Office (CIO), prognostiziert: «Wenn nur ein kleiner Anteil der Nachfrager ihren Wohn- oder Firmenstandort überdenkt, wird sich dies regional mittelfristig signifikant in den Immobilienpreisen niederschlagen.»

Wohnimmobilien in Regionen knapp ausserhalb der klassischen Pendlerdistanzen und gut erreichbare Tourismusdestinationen werden gefragter. Hauptprofiteure dürften das Unterwallis, das Churer Rheintal und die Bodensee-Region sein. Klassische Wegpendlergemeinden in den engeren Agglomerationen dürften dagegen an Attraktivität verlieren. Das Einzugsgebiet an potenziellen Arbeitskräften und Konsumenten wird wohl noch wichtiger bei der Standortwahl von Geschäftsflächen.


UBS Switzerland AG

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Alessandro Bee
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