Zürich, 9. Juli 2024 – Bei Vergleichen der Wettbewerbsfähigkeit belegt die Schweiz regelmässig Spitzenplätze. Auf den ersten Blick ist das Land beim Wachstum, bei den Exporten und bei der Fiskalpolitik auch vorbildlich. Auf den zweiten Blick offenbaren sich in diesen Bereichen aber auch Herausforderungen.

Wachstum auf dem Prüfstand

Mit Blick auf das letzte Vierteljahrhundert fällt die Bilanz im internationalen Vergleich gemischt aus. Seit 2000 wuchs die Schweizer Wirtschaft kumuliert und real um fast 50 Prozent. Das ist mehr als in Deutschland und nur leicht weniger als in den USA (28 resp. 55 Prozent). Das Pro-Kopf-Wachstum lag im selben Zeitraum aber hinter dem deutschen und deutlich hinter demjenigen der USA (23, 25, resp. 31 Prozent). Wo besteht noch Potenzial, das Wachstum zu stärken?

Trotz einer hohen Arbeitsmarktbeteiligung gehört hierzu die Beschäftigung. Mit rund 12 Prozent liegt die Erwerbsquote in der Schweiz von über 65-jährigen Personen nur halb so hoch wie in den USA. Gleichzeitig besitzt die Schweiz bei der Teilzeitarbeit den zweithöchsten Anteil im Vergleich zu den EU-Staaten.

Konzentrationsrisiken im Export

Auch bei den Exporten besteht Verbesserungspotenzial. In den letzten zwanzig Jahren haben sich die Schweizer Exporte zwar solide entwickelt, aber hinter diesem Wachstum steht als Haupttreiberin die Pharmaindustrie. Die hohe Abhängigkeit von Pharmaprodukten wirft aber Fragen zu Konzentrationsrisiken bei den Exporten auf und der Vorteil gegenüber neuen Marktakteuren wie China schrumpft.

Um ihre Position zu festigen, muss die Schweiz auf Innovation setzen. Sie schneidet im internationalen Vergleich bei der Innovationsfähigkeit sehr gut ab, besitzt jedoch in gewissen Bereichen noch Luft nach oben. Verbesserungspotenzial ist in einer engeren Zusammenarbeit mit der EU auszumachen, denn Schweizer Unternehmen und Start-ups sind aufgrund des kleinen Heimmarktes oft auf das Ausland angewiesen. Ein weiterer Bremsfaktor ist die mitunter relativ lange Verfahrensdauer, etwa bei Firmengründungen und Produktzulassungen. Ein Abbau dieser Hürden könnte den Innovationsprozess zusätzlich stärken.

Demografie bedroht Fiskalpolitik

Die Verschuldung der Schweiz liegt deutlich tiefer als im Ausland und war in den letzten Jahren gar rückläufig. Der demografische Wandel stellt jedoch auch den Sozialstaat und damit die Fiskalpolitik vor grosse Herausforderungen. Die Verschlechterung des Altersquotienten setzt die AHV unter Druck und eine alternde Bevölkerung führt zu steigenden Gesundheitsausgaben.

UBS-Ökonom Alessandro Bee erläutert: «Die bessere Ausnutzung des heimischen Arbeitsmarktpotenzials sowie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit würden wiederum zu einem nachhaltigen Staatshaushalt beitragen. Gemeinsam mit einer Stärkung der Innovationstätigkeit kann der Status der Schweiz als Musterschülerin erhalten werden.»

Auf dem Weg zum Gleichgewicht

Aktuell entwickelt sich die Schweizer Wirtschaft verhalten positiv, aber unter dem Trend. Das BIP-Wachstum dürfte 2024 bei 1,3 Prozent (bereinigt um Sportereignisse bei 0,9 Prozent) liegen. Der Konsum zeigt sich stabil, während die Industrie unter der schwachen Nachfrage aus der Eurozone leidet. Eine Erholung der Eurozone im nächsten Jahr dürfte die Schweizer Industrie beleben und der Schweizer Wirtschaft 2025 zu einem Wachstum von 1,5 Prozent, nahe dem langfristigen Potenzialwachstum, verhelfen. Gleichzeitig dürfte die Inflation von 1,2 in diesem Jahr auf 1 Prozent im Jahr 2025 sinken und damit in die Mitte des Zielbandes der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zurückkehren.

UBS-Chefökonom Schweiz Daniel Kalt prognostiziert: «Wenn die Schweizer Wirtschaft im nächsten Jahr zum Gleichgewicht zurückfindet, dürfte die SNB die Leitzinsen nach einer letzten Senkung im September 2024 bei 1 Prozent stabil halten.» Der Franken dürfte sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch gegenüber dem Euro zulegen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Zinssenkungen in den USA machen den Franken gegenüber dem Dollar attraktiver (Prognose USDCHF-Wechselkurs im Juni 2025 bei 0.81). Politische Risiken in der Eurozone können indessen zu einer höheren Nachfrage nach dem sicheren Hafen Franken führen (Prognose EURCHF-Wechselkurs im Juni 2025 bei 0.92).

 

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