In den nächsten Wochen könnte auf die Probe gestellt werden, wie viele Risiken die Aktienmärkte verkraften können. (UBS)

Anlegerinnen und Anleger sind derzeit mit einem Mix aus guten und schlechten Nachrichten konfrontiert. Die gute Nachricht ist, dass die Grenze der US-Zinserhöhungen in diesem Zyklus erreicht sein könnte. Die schlechte Nachricht lautet, dass in wenigen Wochen die Schuldenobergrenze der US-Regierung erreicht ist und sich der US-Kongress noch nicht auf eine Lösung verständigen konnte. Zum Zeitpunkt der Niederschrift wird jedoch berichtet, dass man einer Einigung näher gekommen sei.


Bisher scheinen sich die Aktienmärkte auf die guten Nachrichten zu konzentrieren. Trotz der Risiken verharrt der S&P 500 nahe an einem Einjahreshoch und der VIX Index der impliziten Aktienvolatilität liegt mit 17 Punkten unter seinem langfristigen Durchschnitt von rund 20.


Somit nimmt der Markt offenbar den Grossteil der guten Nachrichten vorweg. Daher könnte in den nächsten Wochen auf die Probe gestellt werden, wie viele Risiken die Aktienmärkte verkraften können.


In den USA werden die Verhandlungen über die Schuldenobergrenze erneut bis zum Äussersten getrieben. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass sich der Kongress in letzter Minute auf eine Anhebung der Obergrenze einigen wird. Wenn dies jedoch nicht gelingt, würden die Märkte negativ reagieren. Das aktuelle Tauziehen verschärft die Marktrisiken zu einer Zeit, in der sich das Wirtschaftswachstum in den USA ohnehin abkühlt, die Kreditkonditionen restriktiver werden und die Verfassung einiger US-Regionalbanken immer noch Sorge bereitet.


Vor diesem Hintergrund gibt es unseres Erachtens mehrere Möglichkeiten, wie sich Anleger positionieren können:


Erstens bieten Anleihen unseres Erachtens ein besseres Risiko-Rendite-Verhältnis als Aktien. Defensive, höherwertige Segmente des festverzinslichen Marktes – einschliesslich erstklassiger (Staatspapiere) und Investment-Grade-Anleihen – bieten unserer Meinung nach attraktive absolute Renditen und eignen sich zur Absicherung gegen Risiken in Bezug auf das Wachstum und die finanzielle Stabilität. Die Bewertungen sind auch aus relativer Sicht ansprechend: Die Risikoprämie von US-Aktien liegt (auf Basis der Gewinnrendite) derzeit 44% unter ihrem 10-Jahresdurchschnitt. Das bedeutet, dass erstklassige Anleihen attraktiver sind als US-Aktien.


Zweitens raten wir zur Diversifikation ausserhalb der USA und abseits von Wachstumstiteln. In unseren Augen sind die USA der anfälligste regionale Markt. Die aktuelle Rally wir nur von wenigen Titeln getragen, die Bewertungen von Large-Cap-Wachstums- und -Technologieaktien sind relativ teuer und die restriktiveren Kreditbedingungen werden sich negativ auf die Unternehmensgewinne auswirken. Daher rechnen wir mit einer höheren Volatilität in den kommenden Monaten und schätzen, dass der S&P 500 bis Dezember bei rund 3800 Punkten notieren wird. Wir bevorzugen Aktien aus Schwellenländern, die vom Höhepunkt der US-Zinsen, höheren Rohstoffpreisen, einem schwächeren US-Dollar und der Erholung in China profitieren dürften.


Ausserdem sollten die Anleger die jüngste Rally bei Technologieaktien als Gelegenheit nutzen, um ihr Engagement in diesem Sektor zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Anleger, die im Vergleich zur Benchmark übergewichtete Allokationen in dem Sektor halten, sollten erwägen, direkte Engagements durch Kapitalschutzstrategien zu ersetzen oder Portfolios neu zu gewichten und in defensivere Sektoren wie Basiskonsumgüter und Versorger umzuschichten.


Drittens stufen wir Gold nach wie vor mit «Most Preferred» und den US-Dollar mit «Least Preferred» ein. In den letzten Jahren verzeichneten die USA eine Wachstumsprämie im Vergleich zum Rest der Industrieländer. Diese dürfte unseres Erachtens aber schrumpfen. Ausserdem werden andere Zentralbanken die Zinssätze vermutlich weiter anheben, nachdem die Fed eine Pause eingelegt hat. Ein schwächerer US-Dollar und geringere Zinserwartungen dürften den Goldpreis unterstützen. Darüber hinaus bietet das gelbe Metall unseres Erachtens eine Absicherung gegen geopolitische Risiken und das Tauziehen um die Schuldenobergrenze. Wir prognostizieren einen Anstieg des Goldpreises auf USD 2200 je Feinunze bis März 2024.


Mehr darüber erfahren Sie in unserem aktuellen Monthly Letter « Investing at the limit» oder in unserem kurzen Video hier.