(UBS)

Was ist geschehen?

In den USA nähert sich die Inflation dem 2%-Ziel der US-Notenbank Fed. Aus dem Konsumentenpreisindex (KPI) für den Oktober ging hervor, dass die niedrigeren Energiepreise zu einer deutlicheren Abkühlung des Gesamt-KPI beigetragen haben als erwartet. Durch tiefere Preise für Beherbergung (Hotels) sank der Kern-KPI unter die Prognosen der Ökonomen. Nach der Bekanntgabe stiegen die Aktien- und Anleihenmärkte, da Anlegerinnen und Anleger davon ausgehen, dass die Fed ihre Zinspause fortsetzen wird, bis sie im Jahr 2024 mit Zinssenkungen beginnt.


Nach dem heutigen Anstieg des S&P 500 um 1,9% auf 4496 Punkte ist der Index seit dem Tiefstwert vom 27. Oktober (vor nur 12 Tagen) um 9,2% in die Höhe geschnellt. Die Gewinne verteilten sich auf eine breite Basis, da fast 93% der Indexwerte gegenüber dem Vortag zulegten. Aktien, die zuvor unter der Erwartung höherer Zinssätze gelitten hatten, zählten zu den grössten Gewinnern des Tages.


Die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries tauchte unterdessen um 17 Basispunkte (Bp.) auf 4,45% ab, während die 2-jährige Rendite den grössten Tagesrückgang seit der Krise der Silicon Valley Bank im März (Verringerung um 20 Bp. auf 4,83%) erlebte. Der US-Dollar-Index DXY fiel um 1,5% auf 104. Die Bewegung der Fed Funds Futures eskomptierte eine geringere Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung im Dezember und Zinssenkungen um 100 Bp. bis Dezember 2024.


Im Rahmen des KPI-Berichts sank die Gesamtinflation von 3,7% zum Vorjahr im September auf 3,2% für den Oktober (gegenüber der Prognose von 3,3%), da der WTI-Ölpreis im Laufe des Monats um fast 10% fiel. Im Vergleich zum Vormonat lag die Gesamtinflation bei 0% gegenüber der Erwartung von 0,1%. Ausserdem gab die Kerninflation (ohne Nahrungsmittel und Energie) von 4,1% zum Vorjahr im September auf nunmehr 4% nach (Prognose: 4,1%). Im Monatsvergleich lag sie bei 0,2% und damit unter der Schätzung der Ökonomen von 0,3%.


Die Kerngüterinflation war negativ (–0,1% im Vormonatsvergleich), da die Gebrauchtwagenpreise sanken. Das bedeutet, dass die Dienstleistungsinflation am meisten zum Kern-KPI beigetragen hat, was auf die erhöhten Wohnkosten zurückzuführen war. Die Wohnkosten fielen jedoch deutlicher als erwartet und die Inflation der Kerndienstleistungen kühlte sich vom Höchstwert von 0,8% zum Vormonat im September 2022 auf nunmehr 0,3% ab.


Was ist unsere Meinung hierzu?

In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Fed ihre Zinserhöhungen wahrscheinlich beendet hat und eine Kombination aus schwächerem Wachstum und niedrigerer Inflation zu Zinssenkungen im Jahr 2024 führen dürfte. Obwohl die Inflation wahrscheinlich im Grossteil oder im gesamten nächsten Jahr über dem 2%-Ziel verharren wird, werden die geldpolitischen Entscheider unserer Meinung nach bis zur Mitte des Jahres zuversichtlich genug sein, dass die Inflation nachhaltig in Richtung auf ihren Zielwert fällt.


Die heutigen Daten untermauern diese Einschätzung und die starke Marktreaktion auf die Daten sollte als Erinnerung dienen, dass die Zinsen recht steil sinken können, wenn die Fed mit Zinssenkungen beginnt. Nach den zehn Zinserhöhungszyklen der Fed seit 1970 senkte die US-Notenbank, wenn sie mit der Lockerung begann, die Zinssätze in den ersten zwölf Monaten im Durchschnitt um 260 Bp. (mit Ausnahme von 1987 und 2006, als die Zinsen nach einer Pause wieder stiegen).


Im Moment eskomptieren die Märkte Zinssenkungen um etwa 100 Bp. bis zum Ende des nächsten Jahres. Sollten sich die Inflationsdaten weiter abschwächen, vor allem, wenn dies mit schwächeren Wachstumszahlen einhergeht, könnten die Märkte schnell zusätzliche Zinssenkungen im Jahr 2024 eskomptieren.


Trotzdem sollten Anleger nicht überstürzt annehmen, dass der Pfad zu einer niedrigeren Inflation und tieferen Zinssätzen geradlinig verläuft. Aufgrund von saisonalen Anpassungen und spezifischen Faktoren, wie der jährlichen Änderung der Krankenversicherungsbeiträge, könnte es im 4. Quartal 2023 so aussehen, als wären die Fortschritte bei der Reduzierung der zugrunde liegenden Inflation ins Stocken geraten. Das bedeutet, dass ein erneuter Rückgang der Inflation möglicherweise bis zum 1. Quartal 2024 warten muss, wenn die fortgesetzte Disinflation der Wohnkosten dazu führt, dass der Abwärtstrend wieder aufgenommen wird.


Die Umfragen zu den Inflationserwartungen der Konsumenten fielen ebenfalls uneinheitlich aus. Aus der Novemberumfrage der University of Michigan ging hervor, dass die Konsumenten für die nächsten fünf Jahre mit einer Inflation von 3,2% rechnen (im Oktober waren es noch 3%). Dies stand allerdings im Gegensatz zu einer Umfrage der New York Fed und die Konsumenten waren in der Vergangenheit gewöhnlich schlechte Prognostiker der künftigen Inflationstrends. Doch für die Fed-Vertreter und die Anleger wäre ein kontinuierlicherer Rückgang der Konsumentenerwartungen wahrscheinlich beruhigender.


Die jüngsten Signale der Zentralbank waren zweideutig, da sich die geldpolitischen Entscheider ihre Optionen offenhielten. Ausserdem warnte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell vor «irreführenden Inflationssignalen» – der Möglichkeit, dass der Abwärtstrend ins Gegenteil umschlägt.


Insgesamt gehen wir in unserem Basisszenario von zwei oder drei Zinssenkungen der Fed im Jahr 2024 aus. Unerwünschte Entwicklungen der Inflation in den nächsten Monaten könnten kurzfristig zu Marktturbulenzen beitragen. Doch wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die Inflation bis zum Frühjahr oder Sommer weit genug gefallen sein wird, dass die Fed eine erste Zinssenkung in Erwägung zieht – was Anleihen und Aktien zugutekommen würde. Dies unterstützt unsere Erwartung positiver Gesamtrenditen von hochwertigen Anleihen und Aktien in den nächsten sechs bis zwölf Monaten. Damit wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, diversifizierte ausgewogene Portfolios aufzustocken.


Wie investieren wir?

Wir empfehlen den Anlegern, über die Anlageklassen hinweg auf Qualität zu achten, da wir mit weiterer Volatilität an den Märkten rechnen, wenn sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt und sich die Inflation fortgesetzt abkühlt. Die abrupte Abwärtsbewegung der Treasury-Renditen am Dienstag sollte auch als Erinnerung daran dienen, wie wichtig es ist, die Liquidität zu steuern und das Wiederanlagerisiko zu minimieren, falls die Zinsen in den kommenden Monaten sinken.


Fixed Income bleibt unsere bevorzugte Anlageklasse, da wir mit einer Anleihenrally im Jahr 2024 rechnen. In unserem Basisszenario liegt die Rendite der 10-jährigen US-Treasuries Ende 2024 bei 3,5%. Uns gefallen hochwertige Anleihen, insbesondere im 5-jährigen Segment.


Wir gehen von einer moderaten Erholung der globalen Aktienindizes im Jahr 2024 aus, wenn die Zentralbanken die Zinsen senken, die Renditen fallen und Qualitätsunternehmen ihre Gewinne weiter steigern. Beim S&P 500 erkennen wir trotz der Verlangsamung des BIP-Wachstums Potenzial für ein Gewinnwachstum von 9% im Jahr 2024. Angesichts des Aufwärtspotenzials von 5% vom aktuellen Indexstand zu unserem Ziel für Ende 2024 von 4700 Punkten ist das aktuelle Risiko-Rendite-Verhältnis unserer Meinung nach ausgewogen.


Vor diesem Hintergrund werden die Anleger bei der Aktienauswahl selektiver vorgehen müssen. Qualitätsunternehmen – mit einer hohen Rendite auf das investierte Kapital, guten Bilanzen und zuverlässigen Ertragsströmen – werden ihre Gewinne unseres Erachtens trotz des schwierigeren operativen Umfelds steigern. Viele der Unternehmen mit den höchsten Renditen und den stärksten Bilanzen befinden sich im IT-Sektor. Wir haben den IT-Sektor der USA kürzlich auf «Most Preferred» hochgestuft.


Während das Jahr 2024 voranschreitet, könnte sich eine USD-Schwäche entwickeln, da das Wachstum der US-Wirtschaft deutlicher nachlässt als das Wachstum in anderen Ländern. Dies macht einen Verkauf des USD-Aufwärtspotenzials zur Renditesteigerung attraktiv.


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