Als Monika Walser die Anfrage aus Dubai auf ihrem Pult hatte, staunte sie nicht schlecht: Ein Kunde wünschte sich eine Spezialanfertigung des Endlossofas DS-600 mit Füssen aus Gold. Nicht die Sonderanfertigung war das Problem, die gehört zum täglichen Geschäft. Vielmehr wunderte sie sich, dass jemand Geld investieren wollte für ein Detail, das man gar nicht sieht. Die «Füsse» der Sofaikone sind nämlich so gut wie unsichtbar, weil unter dem Sofa verborgen. Walser liess den Kunden fragen, ob er sich seines Wunschs ganz sicher sei. An seine Rückmeldung erinnert sich Monika Walser mit einem amüsierten Gesichtsausdruck: «Der Kunde erklärte uns, ja, er sei sich sicher. Er werde das Sofa auf einen riesigen Spiegel stellen und die goldenen Füsse würden somit sehr gut zur Geltung kommen.»
Diese Geschichte veranschaulicht, was der De-Sede-Chefin im Umgang mit den ausländischen Kunden am wichtigsten ist: wertschätzen, Respekt zeigen und zuhören. Das Exportieren der Produkte ins Ausland hat eine lange Tradition bei de Sede. Zu einem Teil ist dies James Bond zu verdanken: Dem Regisseur des Films «Im Geheimdienst Ihrer Majestät» gefielen die De-Sede-Möbel so gut, dass er für den Filmset am Schilthorn 1969 ein DS-600-Sofa einsetzte. Nach diesem fulminanten Karrierestart beim Film wurden zahlreiche weitere James-Bond-Streifen mit Einrichtungsgegenständen der Schweizer Premiummarke ausgestattet. Auch bei Stars wie Tina Turner oder Jane Fonda erfreut sich das DS-600 grosser Beliebtheit. Mick Jagger soll sogar 20 Stück davon besitzen. Der neueste Filmauftritt ist noch gar nicht in den Kinos: Im Film «Wonder Woman 2», der gerade in London gedreht wird, übernimmt ein DS-600 in Silber einen wichtigen Part.
Doch es gab auch schwierigere Zeiten: Als Monika Walser 2014 von einer Investorengruppe als Geschäftsführerin an Bord geholt wurde, hatte das Unternehmen eine bewegte Zeit hinter und vor sich. Die passionierte Regattaseglerin setzte sich mit ganzem Engagement für das Unternehmen ein, senkte Kosten, fällte auch unbequeme Entscheidungen. Heute gehört das Unternehmen mehrheitlich zur Oel-Pool AG und auch Monika Walser selbst ist mit zehn Prozent zur Miteigentümerin geworden. «Wir haben de Sede an diesen Punkt gebracht, wo wir jetzt sind, weil alle mit so viel Herzblut arbeiten und bereit sind, eine Extrameile zu gehen», lobt Monika Walser.
Der Ritterschlag folgte im Sommer. Seit Juli 2018 ist die Marke im bekanntesten Warenhaus der Welt vertreten: de Sede hat es in das Harrods in London geschafft – als erster Schweizer Möbelhersteller überhaupt. In einem exklusiven Shop in Shop präsentiert de Sede auf 220 Quadratmetern seine in der Schweiz hergestellten Möbel. «Harrods hat uns angefragt, ob wir Interesse hätten, mitzumachen. Das bietet uns natürlich ein spannendes Umfeld. 80 Prozent der Kunden im Harrods sind Touristen aus aller Welt», erzählt Monika Walser. Eine Bilanz kann sie nach dieser kurzen Zeit noch nicht ziehen. Aber die gelernte Damenschneiderin freut sich, im britischen Traditionswarenhaus die gesamte Palette von de Sede zu zeigen – vom Klassiker bis zu Modellen der aktuellen Kollektion. «Heute sind wir gross genug und so gut aufgestellt, dass eine Zusammenarbeit dieser Art überhaupt möglich ist.»
Verlass auf einen Bankpartner
Für eine Firma wie de Sede, die derart stark auf den Export fokussiert, ist es selbstverständlich, sich auf einen Bankpartner wie UBS zu verlassen, wenn es um die Zahlungsabwicklung und Fremdwährungskonten geht. Die Kunden sind es gewohnt, in Euro, US-Dollar, britischem Pfund oder Franken zu bezahlen. Probleme mit exotischen Währungen oder schlechter Zahlungsmoral gibt es kaum, weil das Unternehmen ausserhalb von Europa und teilweise auch für Länder in Europa eine strikte Strategie der Vorauszahlung verfolgt. Die Hälfte des Kaufpreises wird bei der Bestellung fällig, die andere Hälfte, sobald die Ware verschifft wird.
In traditionellen Kernländern für den Export wie Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Frankreich, Luxemburg und den USA beschäftigt de Sede Verkaufspersonal vor Ort – ein Mitarbeiter ist für Akquisitionen in den neuen europäischen Ländern unterwegs. Leute im Land sind auch in den Regionen wichtig, auf die sich das Unternehmen derzeit stärker konzentriert. Dazu gehören die Vereinigten Arabischen Emirate, Indien und China. «Es ist erforderlich, dass die Mitarbeiter vor Ort – nach Möglichkeit Einheimische – die Sprache, die Bevölkerung und die Kultur kennen und vernetzt sind, sonst klappt das nicht», betont Monika Walser. Alle haben eine Produktschulung in der Manufaktur am Produktionsstandort in Klingnau absolviert und erlebt, wie die Sessel, Stühle, Sofas und neuerdings auch Taschen von Spezialisten unter Einsatz von viel Handarbeit angefertigt werden. «Es geht uns darum, unsere Marke mit Freude und Leidenschaft zu verbreiten.» Einmal pro Woche tauscht man sich per Telefon aus und regelmässig gibt es gegenseitige Besuche, um sich up to date zu halten.
Fairness und Offenheit
Bevor ein Land zum Exportland wird, durchläuft es einen Kriterienkatalog, mit dem Bevölkerung, Kultur, politische Verhältnisse und Vermögenssituation geprüft werden: zum Beispiel wie gross das Interesse an Luxusgütern und Designmöbeln ist. «Wir exportieren nur in Länder, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie grundlegende ethische Prinzipien einhalten», sagt Monika Walser, die einen MBA-Abschluss in Führung und Ethik besitzt. Das ist auch wichtig, damit sich die Mitarbeiter vor Ort wohlfühlen und in einem positiven Umfeld arbeiten können. Zu einer guten Zusammenarbeit gehören für sie unbedingt Fairness und Offenheit. Beim Verhandeln sei es extrem wichtig, sich als Mensch zu begegnen, nicht nur als Lieferant und Kunde. Das hat Walser besonders in Japan und Indien erlebt. «Das Thema menschliche Wertschätzung geht bei uns sehr häufig verloren. Wir im Westen wollen vor allem Geschäfte machen, aber in vielen Ländern gibt das Zwischenmenschliche den Ausschlag», erläutert sie mit Nachdruck. Auch in arabischen Ländern wurde sie stets respektiert und erlebte als Frau in einer Männerwelt nie einen Nachteil oder gar bedrohliche Situationen. Einzig in Japan sei eine Frau in der Geschäftswelt, die selbst Entscheidungen trifft, noch etwas ungewohnt.
Bei aller Aufmerksamkeit – kulturelle Missverständnisse kann es dennoch geben. Das erlebte Monika Walser, als de Sede einen kleinen Lederelefanten wieder ins Sortiment nahm. Gefertigt ist er aus dem gleichen Material wie viele Sofas: fünf Millimeter dickes Bullenleder – das Alleinstellungsmerkmal des Hauses. Das Tier sollte symbolisch darauf hinweisen, dass de Sede bei einem neuen, von Alfredo Häberli designten Sessel eine Haut verarbeitet, die so dick ist wie die eines Elefanten. Nur leider kam diese Botschaft in asiatischen Ländern wie etwa Japan komplett falsch an. Dort ging man tatsächlich davon aus, de Sede würde die Haut von Elefanten verarbeiten, was zu empörten Reaktionen führte. Das Unternehmen sah sich veranlasst, die kleinen Lederelefanten aus den betreffenden Ländern zurückzuziehen. Dieses Beispiel zeigt für Monika Walser sehr anschaulich, wie genau man andere Kulturen anschauen und kennen muss, um gute Geschäftsbeziehungen pflegen zu können.
Verschiedene Kulturen bedeutet auch, dass unterschiedliche Sofamodelle gefragt sind. Manchmal staunt das De-Sede-Team über die Farben von Sonderanfertigungen wie etwa dem Sessel in Form eines Boxhandschuhs, der wieder ins Sortiment genommen wurde. Für den König von Marokko durfte de Sede diverse Sessel mit seinem hauseigenen Wappen besticken lassen. Auch Inneneinrichtungen von Luxusjachten gehören zu den häufig geäusserten Kundenwünschen. Grundsätzlich gilt: Je wärmer ein Land, desto begehrter sind helle Sofas. Während Herr und Frau Schweizer zumeist dunkelbraune und schwarze Sofas kaufen, empfinden die Konsumenten in den arabischen Ländern tendenziell Stücke aus hellem Leder als eleganter. Monika Walser: «Es gibt eine Menge Gründe dafür, warum ein Land bestimmte Farben mehr schätzt als andere. In den arabischen Ländern hat es sicher mit der Sonne und Wärme zu tun.»
Dos and Don’ts im Umgang mit anderen Kulturen
Dos
- Sich in die andere Kultur einleben, hineindenken, sich auf sie einlassen und sie verstehen, um nicht irgendwo anzuecken. Das braucht Zeit und Geduld.
- Sich über die rechtlichen Bedingungen im Land genau informieren: auch Themen wie Zölle und Luxussteuern nicht vergessen.
- Viele ausländische Kunden schätzen es, wenn man sie beim Thema Import «an die Hand nimmt»: Es lohnt sich, sie mit Informationen und Optionen zum Thema zu unterstützen. Dieses Know-how fehlt auch oft bei Kunden in Ländern, von denen man denkt, sie seien global aufgestellt.
- Neben den formellen Dienstwegen sind in ausländischen Verbänden, Behörden und auch in Unternehmen die informellen Dienstwege entscheidend. Diese gilt es zu kennen und zu nutzen. Das erfordert Zeit und Gespür.
- Verschaffen Sie sich zudem Informationen über die Schweizer Verbände und Konkurrenten. Die wissen genau, wie die Praxis aussieht, und sprechen Ihre Sprache.
Don‘ts
- Anderen Ländern die eigene Kultur und die eigene Wahrheit überstülpen – das wäre arrogant. Ein Ja ist nicht überall ein Ja, sondern mancherorts auch ein «Vielleicht» oder «Noch nicht» – ohne dass die Menschen lügen. Nicht nur den Wortlaut gilt es zu beachten, sondern auch das Verhalten der Menschen muss man zu deuten wissen.
- Der Standpunkt, nur wir im Westen wissen, wie es läuft.
- Die Amtssprache Englisch suggeriert Vertrautheit. Das bedeutet nicht, dass man automatisch mit den Sitten vertraut ist. Sonst läuft man Gefahr, dass man die kulturellen Unterschiede nicht wahrnimmt.
- Engstirnigkeit – wer für andere Kulturen nicht offen ist, stösst auf unnötige Widerstände.
De Sede auf einen Blick
Die UBS-Firmenkunden-Teams pflegen einen persönlichen Kontakt zu Unternehmen und Verbänden. Denn um eine Nachfolgeregelung erfolgreich zu begleiten, sind sowohl das Verständnis für das Geschäft des jeweiligen KMU als auch bestehende Netzwerke wertvoll. In den entscheidenden Phasen einer Unternehmensweitergabe zeichnen sich die Firmenkunden-Teams durch unbürokratische Entscheiden aus, um die gesteckten Ziele zu erreichen.