Das Wichtigste in Kürze

  • Diese drei Bereiche zeigen den Erfolg oder den Misserfolg eines Unternehmens: Liquidität, Rentabilität und Substanz der Bilanz.
  • Unternehmenskennzahlen besitzen nur im historischen Vergleich oder im Branchenvergleich Aussagekraft.
  • Das sind die aussagestärksten Kennzahlen: Liquiditätsgrade, EBITDA-Marge, Eigenkapitalrendite, Anlagedeckungsgrade und Verschuldungsfaktor.

Finanzkennzahlen gibt es in allen Formen und Farben. Doch welche Kennzahlen benötigen Unternehmende tatsächlich, um ihre Geschäftsentwicklung im Griff zu haben?

Grundsätzlich zeigen drei Bereiche Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens auf: Zahlungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – also Liquidität, Rentabilität und Solidität. An diesem Dreiklang führt kein Weg vorbei.

  • Kurzfristig: Liquidität
  • Mittelfristig: Rentabilität
  • Langfristig: Solidität oder Substanz der Bilanz

Meist genügen wenige, zum Unternehmen passende Kennzahlen aus genau diesen drei Bereichen, um den Geschäftsgang zu kontrollieren. Über diese sollten Sie gut Bescheid wissen, denn diese Aufgabe lässt sich nicht an Mitarbeitende delegieren. 

Unternehmenskennzahl #1: Liquidität 

Die erste Kennzahl ist letztlich keine. Die kurzfristige Liquidität steht de facto für etwas Flüssiges, Dynamisches. Sie sollte über einen bestimmten Zeitraum in die Zukunft geplant und natürlich auch gesichert werden. Denn Liquiditätsprobleme sind der weitaus häufigste Grund für die Eskalation einer Firmenkrise. Trotzdem dienen Liquiditätskennzahlen bestenfalls als Indizien, die sich nur auf einen Stichtag beziehen. Für den Unternehmensalltag ist eine Liquiditätsplanung dennoch unerlässlich. Sie muss die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen – von der Bestellung bis zum Zahlungseingang nach der Rechnungsstellung. Vereinfacht gilt: Je höher die Wertschöpfung, desto länger der Planungshorizont:

  • Bei Handelsunternehmen mit geringer Wertschöpfungstiefe beträgt der Horizont vier bis sechs Monate.
  • Bei produzierenden Firmen beträgt der Horizont mindestens sechs Monate, da diese längerfristig planen müssen.

Mit einer Planung lassen sich auch instabile Phasen besser meistern. Denn während ein sinkender Umsatz kurzfristig zu einer besseren Liquidität führt, bindet Umsatzwachstum zusätzliche Mittel. In Wachstumsphasen steigen die Debitorenforderungen und das Lager wächst, was Liquidität bindet.  Dazu kommt, dass in solchen Phasen zusätzliche Mitarbeitende eingestellt werden, was wiederum zusätzliche Liquidität benötigt Ende Monat.

Wird der Effekt vom Wachstum unterschätzt, muss kurzfristig Liquidität beschafft werden: Etwa durch Strecken der Kreditorenrechnungen, Lagerabbau oder die Aufnahme von Fremdkapital.

Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie die Liquidität Ihres KMU planen können. 

Liquidität planen: mit der UBS Planungsvorlage

Eine sorgfältige Liquiditätsplanung hilft Ihnen – vor allem auch in unsicheren Zeiten –, die bestmöglichen Entscheide für Ihr Unternehmen zu treffen.

Unternehmenskennzahl #2: EBITDA im Verhältnis zum Umsatz

Eine Mittelflussrechnung zeigt, woher die flüssigen Mittel stammen (Cashflow, Finanzierung, Devestitionen) und wo bzw. wie sie verwendet werden (Anlage- oder Umlaufvermögen, Dividendenausschüttungen und so weiter). Auf diese Weise landen wir bei der Wirtschaftlichkeit – der Rentabilität – eines Unternehmens.

Zur Berechnung der Rentabilität gibt es viele unterschiedliche Kennzahlen: Im Zentrum steht die Beziehung von Gewinn oder Cashflow eines Unternehmens zum Umsatz oder zum aufgewendeten Kapital. Das Verhältnis vom Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zum Umsatz ist für die Bewertung der Rentabilität besonders aussagekräftig.

Rentabilität im Branchenvergleich

Wie hoch die EBITDA-Marge sein sollte, hängt stark von der Branche ab. Bei einem Industriebetrieb werden über 10 Prozent als gesund angesehen. Handels- und Dienstleistungsbetriebe liegen wegen der geringeren Investitionsneigung tiefer: Für solche Unternehmen reicht eine Marge zwischen 3 und 6 Prozent aus.  

Gut zu wissen: Das ist der Unterschied zwischen EBIT und EBITDA

  • EBIT (Earnings before Interest and Taxes): Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen und Steuern
  • EBITDA (Earnings before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization): Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen

 

Unternehmenskennzahl #3: Bilanzstruktur 

Das Fundament eines Unternehmens ist die Struktur der Bilanz, welche über Substanz und Solidität entscheidet. Je nach Branche sind hier unterschiedliche Vermögenswerte zentral.

  • Produzierende Unternehmen: Für sie steht das Anlagevermögen im Zentrum. Langlebige Investitionsgüter sollten auch langfristig finanziert sein. Dabei müssen Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital zwingend das Anlagevermögen decken. Im Idealfall sollten sie es sogar übersteigen, damit das Eigenkapital seinen Zweck als Reservepolster für allfällige Verluste erfüllen kann. Deshalb empfiehlt sich ein Verhältnis von Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital zum Anlagevermögen von ca. 120 Prozent.
  • Handelsbetriebe: Sind beim Umlaufvermögen gefordert. Hier geht es primär um die Beurteilung der Geschäftsrisiken und damit um die Beanspruchung des Eigenkapitals. Solide,  nicht produzierende Firmen sollten einen Eigenkapitalanteil von mindestens 30 Prozent aufweisen, bei Industriebetrieben sollten es mindestens 40 Prozent, vorzugsweise 50 Prozent oder mehr sein.

Weiterer Indikator zur Beurteilung der KMU-Entwicklung: Produktivitätskennzahlen

Produktivitätskennzahlen sind nicht Finanzkennzahlen im engeren Sinn, geben aber trotzdem Aufschluss darüber, wie gut sich das eigene Unternehmen entwickelt. Je nach Betrieb und Kennzahl haben Unternehmerinnen und Unternehmer ein Gespür dafür, wie produktiv der Arbeitstag war. Je nach Branche beinhalten die Produktivitätskennzahlen unterschiedliche Messgrössen, die relevant sind in der Beurteilung. Drei Beispiele:

  • Arbeitsproduktivität: Drückt die Arbeitsleistung einer vergangenen Periode aus. Bei einer Beratungsfirma beinhaltet das etwa verrechnete Stunden pro Beschäftigten, bei einem Industriebetrieb die Stückzahl je Stunde.
  • Maschinenproduktivität: Drückt die Effizienz aus, mit der die Maschinen in einem Industriebetrieb laufen und produzieren.
  • Kapazitätsauslastung: Drückt die Auslastung von Mitarbeitenden und/oder Maschinen aus. Ein Unternehmen produziert im Idealfall so viele Produkte und Leistungen, dass sämtliche Mitarbeitende oder Maschinen ausgelastet sind.

Wie werden Unternehmenskennzahlen gelesen?

Bei allen Berechnungen gilt es aber stets, zu bedenken, dass Kennzahlen für ein Unternehmen nur im historischen Vergleich oder im Branchenvergleich Aussagekraft besitzen. Dazu kommt, dass die Kennzahlenmessung einen kontinuierlichen Prozess darstellt. Einmal messen ist keinmal. Der Trend der einzelnen Kennzahlen über die Zeit ist viel wichtiger als ein einmaliger Ausschlag.

Kurz erklärt: Die wichtigsten Unternehmenskennzahlen 

Liquiditätsgrade

Mit der Liquidität kann das Unternehmen seinen fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht nachkommen. Es werden drei Liquiditätsgrade unterschieden, die kurzfristiges Fremdkapital dem Umlaufvermögen gegenüberstellen. 

  • Liquiditätsgrad 1 – auch Barliquidität genannt – bezeichnet das Verhältnis von flüssigen Mitteln und Wertschriften zum kurzfristigen Fremdkapital. Richtwert: Zwischen 10% und 30%.
  • Liquiditätsgrad 2 – auch Einzugsliquidität genannt – bezeichnet das Verhältnis von flüssigen Mitteln, Wertschriften und kurzfristigen Forderungen zum kurzfristigen Fremdkapital. Richtwert: Zwischen 100% und 120%.
  • Liquiditätsgrad 3 – auch Einzugsliquidität genannt – bezeichnet das Verhältnis vom Umlaufvermögen (flüssigeMittel, Wertschriften, kurzfristige Forderungen, Warenlager) zum kurzfristigen Fremdkapital. Richtwert: Zwischen 150% und 200%.

EBITDA-Marge

Sie ist das Verhältnis von Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte (EBITDA) zum Nettoumsatz. Die Marge zeigt, ob nachhaltig investiert, das Eigen- und das Fremdkapital verzinst, das Eigenkapital weiter gestärkt und/oder ein Gewinn ausgeschüttet werden kann.

Eigenkapitalrendite

Der Reingewinn im Verhältnis zum durchschnittlichen Eigenkapital weist auf die Attraktivität für Anleger hin.

Anlagedeckungsgrade

Es werden zwei Deckungsgrade unterschieden.

  • Anlagedeckungsgrad 1: Verhältnis von Eigenkapital zum Anlagevermögen
  • Anlagedeckungsgrad 2: Verhältnis von Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital zum Anlagevermögen

Die Regel: Das Anlagevermögen sollte mit Eigen- und/oder Fremdkapital gedeckt sein.

Verschuldungsfaktor

Der Verschuldungsfaktor misst das Verhältnis von Verschuldung zu Cashflow (entspricht überschlägig dem EBITDA) und zeigt, wie viele Jahre es dauert, bis die Schulden aus dem Cashflow zurückgezahlt werden können. Je nach Finanzierung (Liegenschaft, Warenlager, Maschinen und so weiter) sollte der Faktor unter fünf Jahren liegen.

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Robin Wasser

Head Corporate & Real Estate Banking

Robin Wasser ist Betriebsökonom und seit 2002 in diversen Rollen bei Credit Suisse / UBS tätig. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung im Privat- und Firmenkundengeschäft und leitet aktuell das Firmenkundengeschäft der Region Aargau/Solothurn.

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