Bei Bühler Entreprises Monthey existiert seit jeher ein kleines Morgenritual. Seit der Gründung seiner Firma 1982 begrüsst Jean-Marc Rogivue die rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich. Der 62-jährige Chef ist kein Patriarch. Vielmehr würdigt er mit diesem Ritual die Zusammenarbeit. «Ich bin überzeugt, dass ein Unternehmen nur vorankommt, wenn es aus freien, aber verantwortungsbewussten Frauen und Männern besteht», lautet seine Begründung.
Diese Menschlichkeit bildet das Herzstück des Unternehmens, das in den Bereichen elektrische und elektronische Installationen sowie Telekommunikation tätig ist. Die Geschichte von Bühler Entreprises Monthey (BEM) beschreibt vor allem ein Familienabenteuer: das von Jean-Marc Rogivue und seinem Bruder André. Das Duo begann vor 37 Jahren in Eigenregie. Dank einer günstigen Konjunktur und einer langfristigen strategischen Vision beschäftigten die Brüder Rogivue jedoch schnell rund 50 Mitarbeitende.
Das Know-how würdigen
In dem Bestreben um ihren Fortbestand hat Bühler Entreprises Monthey mit Unterstützung von UBS unter anderem ein Bewertungsverfahren durchgeführt. Solche Unternehmensbewertungen kommen generell im Rahmen einer Nachfolgeregelung oder eines Verkaufs zum Einsatz. Im Fall von BEM erlaubt die ausführliche Analyse, sich mit den Details des Unternehmens zu befassen und dadurch dessen Werttreiber zu bestimmen.
Entsprechend wird BEM ihre Strategie dadurch langfristig stärken können, dass sie ihr Potenzial vollständig ausschöpft. «Dieser Ansatz war neu für uns», verrät Jean-Marc Rogivue. «Wir hatten nur ein streng buchhalterisches Bild des Unternehmenswerts. Künftig werden wir ihn aus finanzstrategischer Perspektive betrachten.»
Die Bewertung: ein strategisches Schlüsselelement
Die Bewertung: ein strategisches Schlüsselelement
Eine Bewertung zielt nicht darauf ab, alles im Unternehmen zu ändern, sondern dessen Wert mit anderen Augen zu sehen. Es gibt eine Vielzahl von Bewertungsmethoden, die häufig kombiniert werden, um aus verschiedenen Blickwinkeln an die Bewertung heranzugehen. Auf Anraten von UBS entschied sich Jean-Marc Rogivue für einen Bewertungsansatz gemäss der DCF (Discounted-Cashflow) Methode und der Multiplikatormethode.
Die DCF-Methode ermittelt den Unternehmenswert auf Basis künftiger Geldflüsse (Cashflows). Beim zweiten Verfahren wird für die Bewertung des Unternehmens ein Vergleich mit Gesellschaften im gleichen Geschäftsbereich herangezogen. Üblich ist eine Kombination beider Methoden, denn sie erlaubt es, durch den gleichzeitigen Einbezug von künftigen Erträgen und Marktelementen eine Wertbandbreite für das Unternehmen festzulegen.
«Die von UBS durchgeführte Bewertung gibt uns ein zusätzliches Werkzeug an die Hand und eröffnet uns eine neue Perspektive in Bezug auf den Wert unseres Unternehmens», bekräftigt Jean-Marc Rogivue. Dies zu einem für BEM entscheidenden Zeitpunkt, zu dem das Kapital vollständig im Besitz der Familie Rogivue ist. Am 1. Mai 2018 übertrug Jean-Marc Rogivue die Geschäftsleitung des Unternehmens seinem Schwager Andreas Schöni. Der Mitbegründer steht in Zukunft dem Verwaltungsrat vor, der bald mit zwei neuen Mitgliedern verstärkt wird – eine Massnahme zur Unterstützung künftiger Projekte. Und BEM hat genügend Projekte, um ihre Zukunft zu sichern.
Wann ist eine Bewertung sinnvoll?
Strategische Optionen
Welche Strategie sichert die Zukunft des Unternehmens? Durch eine detaillierte Analyse erhält der Unternehmer einen Überblick über die relevanten Werttreiber und ist dadurch in der Lage, die Unternehmensstrategie langfristig zu stärken.
Kauf
Dank einer Unternehmensbewertung kann der Käufer bereits im Vorfeld der Verhandlung seinen maximalen Kaufpreis festlegen. Daraus ergibt sich der Grenzwert, über den hinaus keine Einigung mehr möglich ist.
Family-Buy-out und Management-Buy-out
Eine Unternehmensbewertung gewährleistet die faire Behandlung aller Parteien. Sie bietet damit eine sichere und objektive Voraussetzung für die Vermögensaufteilung und für die Plausibilitätsprüfungen des Businessplans.
Externe Nachfolge
Die Kombination unterschiedlicher Bewertungsmethoden erlaubt es, die preislichen Erwartungen des Verkäufers mit der Marktrealität abzugleichen. Diese objektive Analyse bildet eine fundierte Basis für die Verhandlung.
Anders als die anderen
Anders als die anderen
Die Firma konzentriert sich heute auf vier Bereiche: Elektroinstallationen für Heim und Industrie, Installationen im Niedrig- und im Mittelspannungsbereich sowie Fertigung von Schaltschrankkombinationen. Diese Kompetenzen werden vom Ingenieurbüro für Automation und Elektrotechnik Bühler Engineering SA, einer eigenständigen Tochtergesellschaft von BEM, abgedeckt. «Der Vorteil unserer Arbeit liegt in der Vielseitigkeit. Anstatt das Gleiche wie alle anderen zu machen, haben wir uns in den Bereichen spezialisiert, um die sich unsere Mitbewerber nicht kümmern», erklärt Jean-Marc Rogivue.
Das Walliser Unternehmen entwickelte seine gesamte Strategie gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden, Kunden und Lieferanten. Aber die Brüder Rogivue leiden nicht an Grössenwahn: BEM ist und bleibt ein KMU. Die Gründer wollen, dass das Unternehmen vor allem qualitativ statt quantitativ wächst. «Das stand bei uns immer schon im Vordergrund. Wir hatten stets einen stabilen Personalbestand von 60 bis 70 Fachkräften», betont Jean-Marc Rogivue. Im Laufe ihres Wachstums hat Bühler Entreprises Monthey ein umfassendes Angebot an Dienstleistungen und Montagearbeiten etabliert.
Das Geschäftsmodell von BEM stützt sich auf dieses vielschichtige Know-how. «Wir fertigen keine Spitzentechnologie für eine Nische. Wir bieten klassische Technologien an, die wir im Unterschied zur Konkurrenz von A bis Z beherrschen», verrät Jean-Marc Rogivue. «Dank solch einer Positionierung brauchen unsere Kunden nicht mehrere Anbieter zu suchen, sondern finden sämtliche Kompetenzen bei uns.» Ergänzt wird diese Diversifizierung durch die Vielseitigkeit der Belegschaft: der zweite strategische Vorteil von BEM.
Mit der Zeit hat Bühler Entreprises Monthey gelernt, die Risiken ihrer Tätigkeiten zu bewältigen und Mehrarbeit genauso wie auftragsschwache Zeiten zu meistern. Alle Beschäftigten von BEM können bei Bedarf auch in anderen Abteilungen des Unternehmens eingesetzt werden. «Die Fertigungsmitarbeitenden sind auch in anderen Fachgebieten ausgebildet. Wenn sie Schaltschränke auf eine Baustelle liefern, können sie diese auch selbst anschliessen», erläutert Jean-Marc Rogivue. «Eine solche Flexibilität erlaubt es uns, kurze Fristen unserer Kunden einzuhalten oder schwierige Phasen mit geringer Auslastung in einer Abteilung zu überstehen.» Diese Anforderung an Flexibilität gilt auch für die Kader des Unternehmens.
Bei BEM sind alle Abteilungsleiter Teil der Geschäftsführung. Dies stellt sicher, dass der Bezug zur Realität im Zusammenhang mit den Kunden, dem Management und dem Wettbewerb nicht verloren geht. André Rogivue etwa, Mitgründer von Bühler Entreprises Monthey, wollte nie der Geschäftsleitung angehören. Der Besitzer eines eidgenössischen Meisterdiploms setzt sich aber sehr engagiert vor Ort ein, vor allem auf anspruchsvollen Baustellen, die grosse Kompetenz, umfassendes Know-how und viel Kreativität erfordern. «Dank seines ständigen Praxisbezugs hat mein Bruder uns sehr geholfen, die richtigen strategischen Entscheide zu treffen», unterstreicht Jean-Marc Rogivue.