Patrick Forte
Bild: UBS

Wie haben Sie den Ansturm der KMU auf die Überbrückungskredite erlebt?

Patrick Forte: Der Run auf die Kredite war besonders in den ersten zwei Tagen gigantisch. Es herrschte grosse Nervosität, insbesondere bei den kleineren Betrieben. Viele von ihnen befanden sich erstmals in einer Krisensituation und reagierten entsprechend verunsichert. Für die meisten Unternehmerinnen und Unternehmer stand das Bestreben im Vordergrund, die Gelder auch für die eigene Firma aufzubringen. So mussten wir mehrere Tausend Anfragen pro Tag bearbeiten, wenngleich sich einige davon als nicht ganz so dringlich herausstellten. Der enorme Druck bei den KMU wurde auch beim Ausfüllen der Anträge deutlich: Rund 30 Prozent konnten wir in einem ersten Schritt wegen fehlerhafter und ungenauer Angaben nicht annehmen.

Wie geht es den Schweizer KMU?

Kleine und mittelgrosse Unternehmen geniessen zu Recht den Ruf als Stütze der Schweizer Wirtschaft. Die KMU-Landschaft ist hierzulande sehr gesund und verzeichnet ein ausgezeichnetes Unternehmertum. Viele Firmen mussten in den vergangenen Jahren bereits die Finanz- und die Währungskrise überstehen. Daraus sind sie zumeist gestärkt hervorgegangen. Ich bin zuversichtlich, dass es auch diesmal so sein wird. Denn die Unternehmen präsentieren sich extrem robust und gut kapitalisiert, nicht zuletzt deshalb, weil sie in den Jahren zuvor umsichtig gewirtschaftet haben. Darüber hinaus werden wenig Fremdmittel eingesetzt. Zwei Drittel der KMU, die sich bei uns gemeldet haben, hatten bis anhin noch nie einen Kredit benötigt. Das ist ein grosser Vorteil in einer Zeit wie dieser und sicherlich auch für die Zeit danach.

Wie sollen KMU die Rückzahlung der Überbrückungskredite planen?

Bei diesen Krediten geht es einzig darum, das Überleben des Betriebs zu sichern. Wenn wieder Einkünfte erzielt werden, sollte man die Rückzahlung einplanen. Denn nach fünf Jahren muss man die Gelder ohnehin zurückzahlen. Es lohnt sich also, die Rückführung des Kredits möglichst früh in Angriff zu nehmen, um später nicht vor einem enormen Rückzahlungsproblem zu stehen. Zumal die KMU mit der Rückzahlung wieder ihre komplette unternehmerische Freiheit erlangen oder allfällige Dividenden ausschütten können. Die vorausschauende Planung ist auch hier von grosser Bedeutung. Die Krise hat vielen Firmeninhaberinnen und -inhabern quasi über Nacht die persönlichen Risiken und die soziale Verantwortung vor Augen geführt und sie zu strategischen Unternehmerinnen und Unternehmern gemacht.

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Wie beurteilen Sie die Liquiditätsplanung der hiesigen KMU?

Der Liquiditätsplan ist ein zentrales Instrument, um in einer Krise die Situation bestmöglich abschätzen und die richtigen Entscheide treffen zu können. Aber auch wenn alles rundläuft, sollte man einen detaillierten Überblick über die Liquiditätsströme stets im Auge behalten. Hier suchen wir – gerade jetzt in dieser schwierigen Zeit – aktiv das Gespräch mit unseren Kunden und können sie mit unseren Tools bei der Planung unterstützen.

Wie können KMU ihre Liquidität auch ohne Überbrückungskredit sichern?

Es geht darum, die Kosten so weit wie möglich zu senken und sich schnell einen Überblick zu verschaffen, wo noch Gelder ins Unternehmen fliessen und welche Zahlungen man nicht sofort ausführen muss, ohne Verträge zu brechen. Man braucht die volle Transparenz über die Verbindlichkeiten und Kostenpunkte. Häufig lohnt es sich, mit Kunden oder dem Vermieter das Gespräch zu suchen, um gemeinsam eine Lösung zu finden.

Haben Sie Tipps, wie KMU den Lockdown möglichst vorteilhaft nutzen können?

Das hängt stark von der jeweiligen Firma und Branche ab. Zumal noch nicht feststeht, wie es weitergehen wird. Sollte sich die Lage in kurzer Zeit wieder normalisieren – wovon ich nicht ausgehe –, dann werden die Gastronomiebetriebe beispielsweise schnell wieder zu ihrem alten Level zurückfinden. Schwieriger wird es für Unternehmen, die Teil einer längeren Wertschöpfungskette sind, zum Beispiel solche mit einer grossen Nähe zur Flugzeug- oder Autoindustrie. Dort ist die Planung deutlich schwieriger. Entsprechend gilt es heute die Zeit zu nutzen, um sich auf seine Kernkompetenzen zu fokussieren, das eigene Business zu überdenken und den neuen Gegebenheiten anzupassen.

Patrick Forte

Patrick Forte

Head Corporate Finance

Patrick Forte als Leiter Corporate Finance Schweiz und seine Teams unterstützen Schweizer Unternehmen bei strategischen Transaktionen und komplexen Finanzierungen mit kompetenter Beratung und individuellen Lösungen. Zuvor verantwortete er das UBS-Firmenkundengeschäft in der Zentralschweiz und war als Turnaround Manager für Unternehmen operativ verantwortlich. Mit der Schweizer Firmenlandschaft und ihren Herausforderungen ist er deshalb aus zahlreichen Unternehmergesprächen und eigenen Erfahrungen bestens vertraut.

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