Junge Berufseinsteiger sind Teil eines beruflichen Vorsorgesystems, das für sie nicht mehr gleich gut funktionieren wird wie für heutige Pensionäre. Foto: Getty Images

Junge Berufseinsteiger interessieren sich nicht für die 2. Säule, heisst es häufig. Stimmt das?

Salomè Vogt: Definitiv nicht. Aktuellen Umfragen zufolge belegt die Altersvorsorge bei den Schweizer Jugendlichen (16- bis 25-Jährige) den ersten Platz auf der Liste der Themen, bei denen sie dringenden Handlungsbedarf sehen. Das heisst, sie sind sich darüber im Klaren, dass die berufliche Vorsorge eine der grössten Herausforderungen ist, welche die Schweiz in den kommenden Jahren angehen muss – noch vor dem Klimawandel, der auf dem zweiten Platz liegt.

Wie kommt das?

Ich glaube, das hängt mit der Abstimmung 2017 zur Altersvorsorge 2020 zusammen: Sie hat viele junge Politikerinnen und Politiker dazu veranlasst, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die meisten haben erst zu diesem Zeitpunkt realisiert, was auf dem Spiel steht.

Hat das Auswirkungen auf das Vertrauen der jungen Menschen in die 2. Säule?

Man sollte sich bewusst sein, dass das Vertrauen im Moment vielleicht noch da ist. Finden sich aber in den kommenden Jahren keine akzeptablen Lösungen, kann es durchaus passieren, dass möglicherweise die Bereitschaft der jungen Generation schwindet, künftig weiterhin Beiträge zu entrichten.

Tipps für Arbeitgebende

  • Stellen Sie der jungen Belegschaft attraktive Konditionen für ihre individuellen Lebensentwürfe zur Verfügung: Teilzeit, Sabbaticals, Homeoffice etc.
  • Wenn Sie junge Angestellte bereits ab dem 20. statt erst ab dem 25. Lebensjahr versichern, verschaffen Sie sich einen deutlichen Wettbewerbsvorteil
  • Weniger ist mehr: Senken Sie freiwillig den Koordinationsabzug oder definieren Sie ihn proportional zum Beschäftigungsgrad, um damit überobligatorische Leistungen anbieten zu können

Was genau lässt Ihrer Meinung nach das Vertrauen schwinden?

Rein rechnerisch können junge Beschäftigte heute innerhalb des BVG-Obligatoriums wegen der tiefen Zinsen zu wenig Vermögen aufbauen. Gleichzeitig wird den aktiven Rentnern aufgrund des zu hohen Umwandlungssatzes zu viel ausbezahlt. Daraus resultiert eine Verschiebung weg vom Kapitaldeckungsverfahren hin zum Umlageverfahren, das nicht mehr den ursprünglichen Zweck der 2. Säule erfüllt.

Welche Lösung gibt es für die damit einhergehenden Herausforderung?

Junge Berufseinsteiger sind darauf angewiesen, dass künftige Reformen den gesellschaftlichen Wandel, die Veränderungen am Arbeitsmarkt und die zunehmende Individualisierung angemessen berücksichtigen.

Gibt es neue Denkansätze zu diesem Thema?

Avenir Suisse schlägt vor, die berufliche Vorsorge neu an den Arbeitnehmer zu binden anstatt wie bisher an den Arbeitgeber. Das bietet Arbeitnehmenden die Freiheit, selbst zu bestimmen, wie risikoaffin sie sind und wie sie ihr Geld anlegen wollen. Damit könnte man der zunehmenden Individualisierung Rechnung tragen.

Beratung berufliche Vorsorge

Beratung berufliche Vorsorge

Finden Sie die Vorsorgelösung, die zu Ihrem Unternehmen passt

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen, um die Situation der Jungen zu verbessern?

Viele Unternehmen sind nicht vorbereitet auf die Bedürfnisse der jungen Generation: Diese will mehr Wahlmöglichkeiten und mehr Mitspracherecht, wenn es darum geht, was mit ihrem Alterskapital geschieht. KMU sollten deshalb der jungen Belegschaft in Bezug auf die berufliche Vorsorge auf jeden Fall flexible Lösungen anbieten, die sich dem Wandel der persönlichen Lebensumstände anpassen lassen.

Warum sind flexible Vorsorgelösungen heute so wichtig?

Die Biografien der Menschen haben sich verändert. Wir sind viel individualistischer geworden, machen Erwerbsunterbrüche, arbeiten Teilzeit, haben in manchen Fällen mehrere Jobs und treten später ins Erwerbsleben ein. All diese Trends müssen Unternehmer bei der Wahl ihrer beruflichen Vorsorgelösung berücksichtigen.

Die Jugendexpertin

Die Jugendexpertin

Salomè Vogt ist Leiterin Avenir Jeunesse und arbeitet seit Mai 2015 bei Avenir Suisse. Zuvor war sie als Mitarbeiterin bei Travelhouse sowie bei der Almog GmbH und als Volontärin beim Schweizerischen Jugendrotkreuz tätig. Ihr Studium an der Universität Zürich schloss sie mit einem Master in Politikwissenschaften und den Nebenfächern Recht sowie Gender Studies ab.


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