Oliver E. Williamson

Nobelpreis 2009 | Transaktionskostentheorie: Wie sollten Unternehmen ihre Transaktionen organisieren?

Oliver Williamson hat die Art und Weise, in der Wirtschaftswissenschaftler Organisationen betrachten, revolutioniert, indem er die verborgenen internen Abläufe, von ihm als «Black Boxes» bezeichnet, öffnete. Während sich andere Ökonomen auf das Bestehen von Unternehmen konzentrierten, richtete Williamson sein Augenmerk auf ihre inneren Mechanismen. So ebnete Professor Williamson, der von seiner Familie liebevoll «Olly» genannt wird, einen neuen Weg für die Unternehmensanalyse. Seine Forschungen ergaben, dass Organisationen manchmal effizienter sind als die Märkte, weil Konflikte leichter und kostengünstiger zu lösen sind. Die Studie der Transaktionskostenökonomie ist dabei nur eines vieler Highlights. Durch seinen einzigartigen wissenschaftlichen Forschungsstil, der nicht nur interdisziplinär war, sondern auch als besonders methodisch, detailliert und komplex gilt, schuf Williamson die Grundlagen für viele andere Wissenschaftler seines Fachs. Williamson gilt als einer der Gründerväter der Organisationssoziologie und befasste sich in seiner Arbeit sowohl mit der formalen Organisation von Unternehmen als auch mit den unternehmensinternen kulturellen und sozialen Normen.

Oliver E. Williamson

Oliver E. Williamson

Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften (anteilig), 2009

Auf einen Blick

Geboren: 1932, Superior, Wisconsin, USA

Fachgebiet: Wirtschaftsführung

Ausgezeichnetes Werk: Seine Analyse der Wirtschaftsführung und dabei insbesondere die Grenzen der Unternehmung

Satz seines Lebens: «Daaaaad! Das ist der Anruf, glaub ich.»

Lieblingsort: Sommerhaus am Lake Nebagamon in Wisconsin

Spleen: Beginnt jeden Satz mit «Well ...» und denkt erst einmal kurz nach

Ein erfülltes Leben

Vier Wörter, die man von jedem hört, der Williamson gut kennt und den man um eine Beschreibung bittet, sind: Unternehmen, Organisation, Transaktion und Humor. Wie wir so auf seiner Terrasse in Berkeley Hills, Kalifornien sitzen, wird uns schnell klar, warum.

«Mr. Williamson, wie definieren Sie ein reiches Leben?» Die Frage schwebt in der Luft. Er muss sich konzentrieren. Er gibt zu, dass sein Alter ihm langsam zu schaffen macht, und nachdem er den Blick über den Campus der Universität Berkeley, die ihn umgebenden Hügel und die San Francisco Bay schweifen lässt, beginnt er seine Antwort in der für ihn typischen Art und Weise.

«Well,» sagt er. «Ich schätze ich hab ein reiches Haus.» Er lacht. «Ihre Fragen sind gut, aber meine Antworten sind schlecht.» Dann fügt er, jetzt sehr ernst, hinzu, dass seine Frau Dolores, die vor einigen Jahren gestorben ist, sein Leben reich gemacht hat.

Wir rücken «Mr. Tough Stuff» ein Stückchen näher

In der Haas School of Business ist Professor Williamson selbst so etwas wie eine Institution. Er unterrichtet zwar nicht mehr, aber er hat nach wie vor ein Büro auf dem Campus. Natürlich bezieht man sich in Vorlesungen oft auf seine Arbeiten. Versucht man, als Laie einem Kurs von Williamson zu folgen, kommt man sehr schnell nicht mehr mit. Sogar seine Studenten bestätigen, dass die Vorlesungen von Williamson «Tough Stuff» waren und dass sein Stil recht abstrakt war. Nobelpreiskollege Oliver Hart stimmt dem zu. Selbst Hart, dessen Arbeit auf den Arbeiten von Williamson aufbaut, fällt es schwer, die Ideen von Williamson in Bezug auf Organisationsökonomie in ihrer Gesamtheit zu verstehen.

Hart gibt uns ein Beispiel, welches das Herzstück der Unternehmenstheorie von Williamson veranschaulicht. «Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Kohlemine. Damit sind Sie also auf einen Ort festgelegt», sagt Hart. «Es wäre gut, wenn Sie jemanden hätten, der neben Ihnen angesiedelt ist und Ihre Kohle nutzen kann. Es gibt viele Kraftwerksbetreiber im Land und jeder könnte sich potenziell neben ihnen ansiedeln. Dies ist also der Zeitpunkt des Wettbewerbs im Markt.» Dem fügt Hart nun etwas hinzu, was Williamson als «fundamentale Transformation» bezeichnete. «Sobald sich ein Betreiber neben Ihnen angesiedelt hat, geht es um die bilaterale Interaktion, da alle anderen Betreiber nicht mehr im Spiel sind. Jetzt wäre es für den Kraftwerksbetreiber teuer, wenn er die Kohle woanders beziehen müsste und sie transportiert werden müsste. Indem er sein Kraftwerk neben Ihnen gebaut hat, ist er abhängig von Ihnen geworden», sagt er. «Williamson sprach über die Tatsache, dass die Verhandlungskosten in so einem Fall sehr hoch sein werden.»

Also dachte Williamson über bessere Schutzmechanismen nach. Eine mögliche Lösung sah er in langfristigen Verträgen, in denen, um Harts Beispiel weiter zu folgen, die Menge der Kohle, die Art der Kohle und der Preis festgelegt wird, damit die Kohlemine keinen unfairen Vorteil gegenüber dem Kraftwerksbetreiber erhält. Das einzige Problem an so einer Vereinbarung ist, dass sie unvollständig sein könnte. Diese Instabilität führte Williamson zu einer neuen Frage.

Welche Investitionen beziehen sich ausschliesslich auf diese Geschäftsbeziehung?

Bereits im Jahr 1937 hatte der Wirtschaftswissenschaftler Ronald Coase die Grundlagen für die Transaktionskostenökonomie von Williamson geschaffen. Coase untersuchte, warum so viele Aktivitäten innerhalb der Unternehmen stattfinden. So verfolgte Williamson die Idee, dass Verhandlungskosten wichtig sind, wenn eine der beiden unabhängigen Vertragsparteien, oder auch beide, Investitionen tätigen müssen, die sich ausschliesslich auf diese Geschäftsbeziehung richten, Investitionen, die beide an einander binden.

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Selbst produzieren oder kaufen? Vertikale Integration – die beste Strategie?

Wir treffen einen Freund und Kollegen von Williamson, Professor Christian von Hirschhausen, und besprechen mit ihm die zweite Möglichkeit, die auch als vertikale Integration bezeichnet wird. Soll der Kraftwerksbetreiber die Kohlemine kaufen? «Nehmen wir zum Beispiel Amazon,» sagt er. «Das Unternehmen ist nicht mehr nur eine Verkaufsplattform, sondern auch Transportdienstleister. Es hat also die Logistikdienste mit der Verkaufsplattform integriert und kann Amazon Prime-Produkte innerhalb von nur einer Stunde liefern.»

Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass andere Unternehmen diesem Beispiel folgen werden, weshalb sie aufgrund der Transportkosten benachteiligt sind. «Dabei sind sie aber vielleicht vielfältiger in Bezug auf andere Services», sagt von Hirschhausen. «Es setzt sich nicht nur eine einzige Organisationsstruktur durch. Abhängig ist die Struktur allerdings von der Geschäftsstrategie, von den zur Verfügung stehenden Technologien und auch davon, wie viel das Einkaufen der Services kostet.»

Selbst produzieren oder kaufen?

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Können wir ökonomische Aktivitäten auch organisieren, wenn es Habgier gibt?

Nach der Verleihung des Nobelpreises stellte Williamson schnell fest, dass nun von ihm erwartet wurde, dass er auf jede Frage eine Antwort hat. Bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Nobelpreisbekanntgabe in Berkeley wollte ein junger Mann von ihm wissen, ob Habgier die grösste Gefahr für Volkswirtschaften sei.

Williamson ist zwar kein Verhaltensökonom, aber er bezieht soziale Normen und kulturelle Aspekte in seine Überlegungen mit ein.

«Wenn man darüber nachdenkt, wie man Wirtschaftsaktivitäten über die Länge eines Vertrages organisieren kann, ist das wesentliche Ziel der Vereinbarung der gegenseitige Nutzen. Es gibt Verkäufer auf der einen Seite und Käufer auf der anderen, und beide Seiten profitieren von dem Vertrag», sagte Williamson. Eine intelligentere Organisation könnte ein Übermass an Intervention und Regularien verhindern, erläuterte er.

Man sollte nicht davon ausgehen, dass ein System grundsätzlich korrupt ist, sondern lieber Vorkehrungen treffen, damit Korruption von vornherein verhindert wird.

«Wir sind schon weit gekommen und haben auch einige Fehler gemacht», sagte er. «Einige davon hätten wir kommen sehen können und vermeiden sollen. Das ist unsere Herausforderung für die Zukunft.»

Ist Habgier das zentrale Problem für unsere Wirtschaft?

Zuhause in den Berkeley Hills sitzt Williamson in seinem Wohnzimmersessel, umgeben von gerahmten Bildern seiner Frau und seiner fünf Kinder. Angesichts seiner grossen Familie und des lebhaften Hundes verwundert es nicht, dass Williams ein Experte in Sachen Organisation ist. Lachend gibt er zu, dass Intelligenz manchmal eher im Weg steht, um für einen Experten gehalten zu werden. In manchen Situationen, berichtet er lächelnd, war sein einziger Rat «die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell es geht zu verschwinden!».

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