Chinesische Aktien noch nicht abschreiben

Aktien China: Rückblick auf das 1. Halbjahr 2022 und Ausblick für das restliche Jahr 2022

Investment Outlook 28. Juni 2022 59 Minuten Anzeigedauer

Bin Shi

Head of China Equities

Das folgende Video ist in englischer Sprache

Wichtigste Erkenntnisse

Die konjunkturellen und regulatorischen Rahmenbedingungen Chinas verbessern sich allmählich. Die Zahl der COVID-Neuinfektionen ist gesunken, da die Auswirkungen auf die Wirtschaft nachlassen. Mitbedingt durch die ungebrochene Moral der Bevölkerung und Unternehmen Chinas blieben die Exporte trotz Lockdowns und gestörter Logistik überwiegend stabil. Wir erwarten eine weitere Normalisierung der Lieferketten und der Exporte.
In den letzten Monaten hat das regulatorische Umfeld mehr Gestalt angenommen, während wir das politische Risiko weiterhin genau im Auge behalten. Weil die Stabilität der Wirtschaft ein kurz- und langfristiges Hauptziel darstellt, sind weitere Konjunkturpakete nicht auszuschliessen.
Die globale Anlegerstimmung hat sich stabilisiert und könnte sich weiter aufhellen. Nach unserer Einschätzung schwächt sich die pessimistische Haltung inzwischen ab, da sich der Markt wieder auf die Fundamentaldaten konzentriert.
Wir haben die Zahl der Titel in unseren Portfolios erhöht, um gesamtwirtschaftliche Risiken abzumildern, zumal wir uns weiter auf hochwertige Titel und Branchenführer konzentrieren und unter den überverkauften Titeln weiter nach potenziellen langfristigen Gewinnern Ausschau halten.

Chinesische Aktien verbuchten 2022 einen schwierigen Jahresauftakt und schnitten schlechter ab als andere Schwellenländer. Regulierungsbedingte Belastungsfaktoren machen dem Markt weiterhin stark zu schaffen. Doch im Laufe der ersten Jahreshälfte wurde die Stimmung wieder positiver, und die globalen Anleger meldeten sich im Mai unmissverständlich zurück. Unser Head of China Equities Bin Shi, hat in diesem Webinar dargelegt, inwieweit wir für den Rest des Jahres und die Zukunft gut aufgestellt sind.

Aktien China: Rückblick auf das 1. Halbjahr 2022 und Ausblick für 2022

Die konjunkturellen und regulatorischen Rahmenbedingungen Chinas verbessern sich allmählich

Chinesische Titel haben ihre Talsohle überwunden, die vorwiegend durch Shanghais Lockdown-Politik verursacht wurde.
Nach unserer Auffassung ist im Hinblick auf die Wirtschafts- und COVID-Politik der Wendepunkt erreicht.
Insgesamt scheint sich die Lage wieder zu normalisieren, was die jüngste Erholung chinesischer Aktien beflügelt hat.
Letztere fielen auf eine unseres Erachtens nicht nachhaltige günstige Bewertung. Sollten sich die Rahmenbedingungen weiter verbessern, könnten die Weichen für eine Erholung gestellt werden.

Die Auswirkungen der Null-COVID-Politik Chinas lassen nach

Die Zahl der bestätigten COVID-Fälle und der im Lockdown befindlichen Städte erreichte im April einen Höchststand, ist jedoch seitdem stetig zurückgegangen.
Während die COVID-Politik, insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern, insgesamt noch immer äusserst streng ist, sinken die Fallzahlen. Indes findet die Wirtschaft zur Normalität zurück, und das Alltagsleben hat sich weitestgehend wieder normalisiert.
Wenngleich Shanghai fast zwei Monate abgeriegelt war, zählt die Stadt 25 Millionen und China 1.4 Milliarden Einwohnende. Folglich sind die Probleme einer Stadt nicht repräsentativ für die Probleme eines Landes.
Shanghai war dabei eine Ausnahme und wich vom chinesischen Normalfall ab. Peking hingegen hatte nur einen mehrwöchigen Lockdown und kehrte danach zur Normalität zurück.

Die Exporte Chinas blieben trotz COVID-Lockdown und gestörter Logistik robust

Die Anleger haben die Belastbarkeit der chinesischen Arbeitnehmer/innen, Unternehmer/innen und Unternehmen anzuerkennen. Nach einem kurzen Rückgang im April hat sich die Lage grösstenteils wieder normalisiert.
Die Exporte überraschen weiterhin positiv. Der Anteil Chinas am globalen Exportmarkt wächst weiter.
Die ein- oder zweimonatige Störung scheint die Wettbewerbsstellung chinesischer Unternehmen bzw. Branchen nicht beeinträchtigt zu haben.
Zahlreiche Unternehmen verbuchen eine anhaltend starke Nachfrage – insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien wie Solarenergie und Elektrofahrzeuge.
Das Tesla-Werk Shanghai bringt die Hälfte der globalen Produktion des Unternehmens hervor, die sich bis in drei Jahren auf 20 Millionen Stück belaufen dürfte.
Nach unserer Auffassung wird China eine wichtige Produktionsbasis bleiben.

Der Höhepunkt der regulatorischen Auswirkungen dürfte überschritten sein

In puncto Geldpolitik kam es zu einer gewissen Lockerung. Die offiziellen chinesischen Medien, die die Haltung der chinesischen Regierung gegenüber den einzelnen Sektoren widerspiegeln, bewerten den Nutzen der Internet-Plattformunternehmen inzwischen positiv.
Während einige frühere Politiken zu strikt waren, werden diese aktuell in gewissen Punkten zurückgenommen. Gleiches gilt für den Abschluss der Regulierung zu Internetdaten.
Auch wenn die Regierung noch keine offizielle Mitteilung verabschiedet hat und Plattformunternehmen noch immer keine neuen Nutzer registrieren dürfen, ist dies nach unserer Auffassung nur noch eine Frage der Zeit.
Die Regierung ist besorgt über die negativen Folgen verschiedener Politiken und Regulierungsvorschriften und mässigt ihren Tonfall im Hinblick auf Internet-Plattformunternehmen und die Immobiliensektoren.
Im letzten Jahr war es aufgrund von Regulierungsvorschriften schwierig, von einer Bank einen Hypothekarkredit zu erhalten. Dieses Jahr ist genau das Gegenteil der Fall. So hat China die Hypothekarzinsen mehrmals gesenkt, um mehr Menschen zur Aufnahme eines Hypothekarkredits zu bewegen.
Das Echo war bislang verhalten. Bis das Vertrauen in den Immobilienmarkt wiederhergestellt ist, wird es einige Zeit dauern.
Sollten die Versuche der Regierung für eine Stabilisierung der Wirtschaft erfolglos bleiben und die Immobilienverkäufe nicht wesentlich zulegen, wird die Regierung unseres Erachtens neue Massnahmen zur Ankurbelung der Nachfrage ergreifen.

China hält an seinem Wachstumsziel für 2022 fest

Selbst die Abkühlung infolge der COVID-Lockdowns konnte China nicht von seinem Wachstumsziel für dieses Jahr abbringen.
Mit anderen Worten könnte es in der zweiten Jahreshälfte zu ganz anderen Massnahmen kommen als noch in den ersten sechs Monaten und ganz gewiss im letzten Jahr.
Regierungsvertreter haben bereits deutlich gemacht, weitere vorgezogene Anreizmassnahmen verabschieden zu wollen. Wir meinen, dass künftig mit weiteren Konjunkturpaketen zu rechnen ist.

Die nachlassende globale Konjunktur, steigende Zinsen und eine höhere Inflation könnten China belasten

China ist nicht immun gegen globale Abkühlungen infolge hoher Zinsen. Nicht zu vergessen ist jedoch, dass sich chinesische Aktien nicht gut behaupteten, als das globale Wachstum robust war.
Der durch hohe Zinsen und Inflation verursachte US-Abschwung dürfte sich in China und insbesondere in dessen Exporten niederschlagen.
Der Exportsektor hat die chinesische Wirtschaft in den letzten zwei bis drei Jahren gestützt und bleibt ein starker Katalysator.
Aktuell jedoch sind inländische Politiken für das BIP-Wachstum und den Gesamtmarkt in China noch wichtiger. Binnenfaktoren dürften die wesentlichen Treiber für Wirtschaft und Markt bleiben.
Wir meinen, dass eine entschlossenere Konjunkturpolitik in der Lage sein sollte, die durch externe Faktoren verursachte Schwäche aufzufangen.

Warum wir keinen erheblichen Aufschwung des Konsumsektors erwarten

Auch wenn die Lockdowns entschärft wurden, bleibt ein gewisser Schaden. Viele Menschen haben ihren Arbeitsplatz und ihre Ersparnisse verloren. Hinzu kommt, dass die Abkühlung bei den Konsumenten/Konsumentinnen sehr viel Angst geschürt hat.
Menschen geben erst dann Geld aus, wenn sie ihre Zukunft gesichert sehen. Es bleibt zu hoffen, dass sich dies im Zuge einer Normalisierung der Politik und einer Stabilisierung der Wirtschaft bessert.
Die Sparquote bleibt in China insgesamt betrachtet hoch. Wenngleich die Abkühlung und COVID die Finanzen der Arbeiterklasse belasten könnten, können sich viele Menschen noch immer viel leisten.
Statt auf einen Aufschwung des Konsumsektors zu warten, halten wir nach strukturellen Chancen im Konsumsegment Ausschau. Wir versuchen, Chancen in Zusammenhang mit strukturellen Veränderungen auszumachen, und wetten nicht auf den gesamten Sektor.

Anlegerstimmung in Bezug auf China stabilisiert sich

Die Stimmung der Anleger steht in der Regel im Einklang mit der Regierungspolitik. Der Pessimismus erreichte im April nach dem Lockdown Shanghais einen Höhepunkt. Doch die negative Stimmung dürfte irgendwann drehen und entschärft sich bereits.
Ein Monat ist ein Zwölftel eines Jahres. Noch immer ist genug Zeit, um das Defizit bei Investitionen und Wirtschaftswachstum aufzuholen.
Die Stimmung unter den Anlegern hat sich stabilisiert, und seit Jahresanfang ist überraschenderweise Kapital in chinesische Aktien geflossen.
Für langfristig orientierte Anleger könnte dies einen guten Zeitpunkt darstellen, sich vorsichtig chinesischen Aktien anzunähern.

Der Markt konzentriert sich wieder auf die Fundamentaldaten und schenkt unrentablen Unternehmen weniger Aufmerksamkeit

In einem Bullenmarkt können viele Unternehmen bestehen, weil die Liquidität so üppig ist.
Doch im aktuellen Umfeld haben unrentable Unternehmen herbe Verluste und Korrekturen um bis zu 70% verbucht.
Durch die Korrektur wurde ein Grossteil der Übertreibungen beseitigt, sodass der Markt insgesamt stabiler ist.
Die Bewertungen sind wesentlich günstiger, und die verbleibenden Unternehmen dürften mit einer solideren Basis unterlegt sein.

Chinesische Aktien sind attraktiv bewertet

Verglichen mit der Vergangenheit notieren chinesische Aktien am niedrigsten Punkt ihrer historischen Handelsspanne. Wir meinen, dass sich die negative Stimmung bereits zu einem Grossteil im Aktienkurs widerspiegelt.
Die Dividendenrenditen von in Hongkong gehandelten Unternehmen scheinen sehr attraktiv zu sein, insbesondere im Vergleich zu festverzinslichen Anlagen.
Einige chinesische Unternehmen weisen eine Dividendenrendite von 8% auf, erzielen jedoch noch immer ein gewisses Wachstum.

In der Vergangenheit folgten auf Marktschwächen in der Regel starke Höhenflüge

China wächst weiter, und die jüngste Schwächephase hat zahlreiche Unternehmen wesentlich günstiger gemacht.
Aufgrund der Abkühlung sind zahlreiche Unternehmen nunmehr besser für einen Aufschwung positioniert.
Dies hat sich bereits bei Alibaba und Tencent gezeigt. Grund waren jedoch nicht astronomische Gewinne, sondern ein starkes Umsatzwachstum.
Die Abkühlung hat Unternehmen zu Kostensenkungen gezwungen. Wenn das Wachstum nicht so spektakulär ausfällt wie zuvor, messen Unternehmen den Kosten mehr Bedeutung bei.
Auch wenn das Umsatzwachstum den Erwartungen entsprach, fiel das Gewinnwachstum zahlreicher Unternehmen besser aus als erwartet.
Die Aktienkurse haben sich aufgrund des besseren Gewinnwachstums erholt. Das zeigt, dass etwas Schlechtes in Wahrheit bisweilen etwas Positives sein kann.
Nach einer Abkühlung können Unternehmen für die Zukunft besser aufgestellt und gesünder und schlanker sein. Und wenn sich die Wirtschaft stabilisiert und das Wachstum zurückkehrt, könnten sie sogar äusserst hohe Gewinne verbuchen.
Nach unserer Einschätzung wird die Performance künftig stark sein, solange die chinesische Wirtschaft weiter wächst.

Warum (weiterhin) in China investiert werden sollte

Die Marktvolatilität hat dazu geführt, dass Anlagen in China inzwischen häufig mit Skepsis oder Zweifeln einhergehen. In früheren Zeiten, in denen es China glänzend ging und Unternehmen zu weiterem Wachstum anhielt, musste hiervon niemand überzeugt werden. In den letzten 18 Monaten jedoch kamen gewisse Zweifel auf.
Wir meinen, dass China als zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt weiter ein wichtiges Mitglied der Weltgemeinschaft bleiben wird.
China treibt seine Öffnung weiter voran, und Chinas verarbeitende Industrien schliessen die Lücke weiter.
Chinesische Unternehmen und Unternehmer/innen sind extrem belastbar.
Trotz COVID-Lockdowns, Abkühlung und Politik wird unermüdlich darauf hingearbeitet, die attraktivsten Produkte zu den attraktivsten Preisen zu produzieren.
Wir haben die Unternehmen zu identifizieren, die nach unserer Einschätzung stärker, wettbewerbsfähiger und weltweit bekannter werden. Wir meinen, dass es noch immer eine Menge grossartiger chinesischer Unternehmen mit diesem Potenzial gibt.
Chinesische Aktien könnten ihre US-Pendants übertreffen, weil viele erstklassige chinesische Unternehmen extrem attraktiv bewertet sind.
Wir sind aktuell voll investiert. Überall werden Unternehmen mit hohen Abschlägen verkauft.
Wenn sich die Lage normalisiert, könnten sich die Aktienkurse beträchtlich erholen.

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