3 Key-Take-aways aus dem UBS Growth Talk #14

  • Treffen Sie Ihre Entscheidung mit Bedacht: Es ist wichtig, die eigene Rolle und die Form der Nachfolge zu definieren. Klare Visionen und Transparenz im Nachfolgeverfahren sind entscheidend für den langfristigen Erfolg des Unternehmens.
  • Seien Sie flexibel für notwendige Anpassungen, definieren Sie klare Spielregeln und fördern Sie eine offene Kommunikation – das sind Schlüsselstrategien, um Herausforderungen zu meistern und das Unternehmen zu stärken.
  • Bereiten Sie den Boden für die nächste Generation rechtzeitig und stellen Sie sicher, dass alle wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen erfüllt sind.

Martino Piccioli, Präsident des Verwaltungsrats der Plastifil SA, und Nicola R. Tettamanti, CEO der Tecnopinz SA, führen ihr jeweiliges Familienunternehmen in der vierten beziehungsweise zweiten Generation weiter. Beide haben zuerst anderweitig Berufserfahrung gesammelt, bevor sie sich der Herausforderung stellten, die Familientradition weiterzuführen und zugleich moderne Geschäftsstrategien zu integrieren. Im Gespräch erörtern sie den Reifungsprozess der Übernahme und die Bedeutung des richtigen Timings. Zudem geben sie wertvolle und persönliche Einblicke in die Dynamik von Familienunternehmen und die notwendigen Fähigkeiten, um erfolgreich zu sein.

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Am Anfang steht ein Entscheid

Martino Piccioli war in jungen Jahren bereits als Junior im Vorstand des Unternehmens seines Grossvaters tätig, gemeinsam mit seinen Schwestern Elisa und Cristina. Er war aber noch nicht bereit, die Verantwortung für die Firma zu übernehmen, sondern wollte zuerst Erfahrungen ausserhalb des Familienunternehmens sammeln. So arbeitete er im Ausland und in der Deutschschweiz, bevor er ins Tessin zurückkehrte und ein ICT-Unternehmen mitbegründete, das in der Schweiz im Bereich der Online-Buchung von Entertainerinnen und Entertainern für Veranstaltungen tätig ist. Der Eintritt in das Familienunternehmen im Jahr 2015 war nicht bewusst geplant, sondern war das Ergebnis verschiedener Faktoren. «Es war die Zeit, als die Schweizerische Nationalbank den Mindestkurs des Euro aufhob, was insbesondere die Schweizer KMU-Landschaft vor grosse Herausforderungen stellte», erinnert sich Martino Piccioli. Diese Situation führte zu einer, wie er es nennt, «sanften Einladung» des Eigentümers an die nächste Generation, die Zukunft des Unternehmens zu überdenken. Martino Piccioli übernahm den Vorsitz des Verwaltungsrats. «Da wir nicht über genügend Industrieerfahrung verfügten, entschieden wir, für die operative Leitung die Unterstützung eines erfahrenen Unternehmers von aussen zu holen», erzählt er. Eine Entscheidung, die sich als richtig erwies.

Auch Nicola Tettamanti war früh in das Familienunternehmen eingebunden. Schon als Kinder gingen er und sein älterer Bruder Claudio dort ein und aus und arbeiteten in den Semesterferien in der Firma. Während Claudio Tettamanti schon immer von Technik fasziniert war und sein Einstieg ins Unternehmen früh feststand, hatte Nicola Tettamanti andere Interessen. Recht zum Beispiel. Oder Kommunikation. Er spielte mit dem Gedanken, Anwalt oder Journalist zu werden. Schliesslich schlug er eine ökonomische Laufbahn ein. Als Vater Enrico Tettamanti 2010 das Unternehmen an die Söhne übergeben wollte, stimmte auch Nicola zu. «Entscheidend für diesen Schritt war für mich die Aussicht, die Firma gemeinsam mit meinem Bruder zu leiten», erzählt er und fügt an: «Jeder macht das, was er am besten kann. Es gibt immer jemanden, mit dem man sich austauschen kann. Ich denke, dass dieses Gleichgewicht von Dauer sein wird.»

Das Learning: Es lohnt sich, den Entscheid für eine Firmenübernahme gut zu überdenken und sich darüber klar zu werden, in welcher Form man diese Aufgabe am besten wahrnehmen kann. Diese starke Basis ist wegweisend für den langfristigen Erfolg.

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Herausforderungen und Strategien

Die Übernahme eines Unternehmens, ob inner- oder ausserhalb der Familie, bringt unterschiedliche Herausforderungen mit sich. «Am Anfang mussten wir uns damit zurechtfinden, gleichzeitig das Unternehmen zu führen, den Markt zu verstehen und Kundenbeziehungen aufrechtzuerhalten», sagt Nicola Tettamanti. Die neuen CEOs waren zum Zeitpunkt der Übernahme gerade einmal 23 und 25 Jahre alt. «So jung und eifrig, wie wir damals waren, mussten wir uns zuerst einen gewissen Respekt verschaffen. Diejenigen aber, die uns treu geblieben sind – Mitarbeitende, Geschäftspartnerinnen und -partner, Kundinnen und Kunden –, erkannten schnell, dass wir an den Firmenwerten festhielten, der Kulturschock blieb aus.» Während der Finanzkrise 2009 mussten die beiden Jung-CEOs ihr Geschäftsmodell jedoch überdenken und die Produktionsprozesse anpassen. Eine Herausforderung, die aber letztlich zur Stärkung des Unternehmens – und ihrer Rollen als Geschäftsführer und -inhaber – führte.

Für Martino Piccioli sind klare Zukunftsvisionen beim Übernahmeprozess zentral. «Es gibt verschiedene Wege, wie eine Firma weitergeführt werden kann, wobei die Familienmitglieder mehr oder weniger operative Aufgaben übernehmen. Wichtig ist, dass alle Familienmitglieder, die am Nachfolgeprozess beteiligt sind, transparent sind», ist er überzeugt. Dazu gehört auch die sorgfältige Prüfung der Governance- und Steueraspekte, denn hier gibt es einige Fallstricke, die für das Unternehmen und die Person, die an einer Weiterführung der Tätigkeit interessiert ist, nicht zu unterschätzen sind. In Familienunternehmen ist es zudem wichtig, die Rollen klar zu definieren: Was ist das Beste für die Eignerfamilie, für die Eigentümerinnen und Eigentümer selbst und für das Unternehmen? «Gute Beziehungen und eine offene Kommunikation sind entscheidend für den Erfolg, insbesondere in grossen Familien helfen Organisation und klare Regeln, Konflikte zu vermeiden.»

Das Learning: Eine sorgfältige Vorbereitung und klare Visionen sind für die Unternehmenszukunft entscheidend. Die Herausforderungen einer Unternehmensübernahme können durch Transparenz, klare Spielregeln, die Bereitschaft zur Anpassung und eine offene Kommunikation gemeistert werden.

Es gibt verschiedene Wege, wie eine Firma weitergeführt werden kann, man sollte alle Möglichkeiten prüfen.

Martino Piccioli, Verwaltungsratspräsident Plastifil

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Gemeinsame Wertebasis als Erfolgsfaktor

Martino Piccioli sieht in der Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie klare Vorteile: «Familienmitglieder sind in der Regel stark involviert und verkörpern auf natürliche Weise Familien- und Unternehmenswerte. Klare Werte und Vorstellungen erleichtern Integration und Akzeptanz», erklärt er. «Und sie schaffen eine solide Basis für die nächste Generation.» Für die ganze Familie war sein Grossvater ein bescheidener und respektvoller Lehrer. «Er stand mehrere Jahrzehnte an der Spitze des Unternehmens und hatte stets grossen Respekt gegenüber den Mitarbeitenden. Er war demütig und wurde nie laut, um sich verständlich zu machen. Das sind einfache und nicht allzu komplizierte Werte, die aber in der täglichen Arbeit Früchte tragen und die Unternehmenskultur prägen.»

Auch für Nicola Tettamanti sind Werte zentral, sie sind die DNA des Unternehmens. Obwohl er und sein Bruder nicht immer dieselben Ansichten teilen, stimmen sie bei wichtigen Unternehmensentscheidungen schnell überein. Ein tiefes gemeinsames Wertefundament, das ihr Vater wesentlich geprägt hat, ermöglicht oft eine Verständigung mit einem einzigen Blick. Für Nicola Tettamanti ist schwer vorstellbar, dass ein Unternehmen, das sich nicht ständig den wechselnden Umständen anpasst, erfolgreich ist. Beständige und geteilte Werte sind daher entscheidend, um Stabilität und eine klare Richtung im Unternehmen zu gewährleisten.

Das Learning: Gemeinsame Werte schaffen eine solide Grundlage, erleichtern Integration und Akzeptanz und gewährleisten Stabilität.

Beständige und geteilte Werte sind entscheidend, um Stabilität und eine klare Richtung im Unternehmen zu gewährleisten.

Nicola Tettamanti, CEO Tecnopinz

Die richtige Wahl

Trotz aller Vorzüge eines Family Buy-out: Für Martino Piccioli kommt es nicht in erster Linie darauf an, ob eine Nachfolge aus der Familie stammt oder nicht, sondern, ob sie die richtigen Fähigkeiten besitzt. «Es kann ein Fehler sein, jemand Ungeeignetes aus der Familie einzusetzen», ist er überzeugt. Gute Teamfähigkeit ist entscheidend, da Probleme nicht allein gelöst werden können. Die Fähigkeit, mit anderen zu interagieren, und ein gewisses Mass an Führungsqualitäten sind ebenfalls wichtig. Auch hilft es, sich mit Personen auszutauschen, die einen externen Blick auf die Firma haben. Denn gemeinsames Lernen und als Gruppe zu denken, ist auch für diejenigen wertvoll, die nicht zur Familie gehören.

Nicola Tettamanti ergänzt: «Ein guter Unternehmer oder eine gute Unternehmerin hat sich im Vorfeld die richtigen Fragen gestellt: Bin ich fähig, diese Aufgabe zu übernehmen, und ist es das, was, ich im Leben will? Habe ich die richtigen Leute um mich herum? Und wen betrifft meine Entscheidung sonst noch, wie wirkt sie sich zum Beispiel auf mein Familienleben aus? Man muss sich über vieles Gedanken machen und einen klaren Plan haben – und sich stets bewusst sein, dass es sich um eine langfristige Entscheidung handelt.»

Das Learning: Eine erfolgreiche Nachfolge verfügt über die erforderlichen Fähigkeiten und stellt sich im Vorfeld die entscheidenden Fragen.

Die Nachfolgeplanung braucht Zeit – und Vertrauen!

Wie kann ein Unternehmer, eine Unternehmerin seine oder ihre Nachfolge optimal planen? Martino Piccioli betont die Bedeutung einer frühzeitigen Vorbereitung: «Es ist wichtig, den Boden für die nächste Generation rechtzeitig zu bereiten. Man muss verstehen, was die einzelnen Personen wollen und welche Pläne sie haben, und entsprechend planen.» Ziele sollten früh definiert und die künftige Generation stets berücksichtigt werden. Kleine Schritte und langfristige Pläne sind entscheidend. Diese Vorbereitung beginnt bereits in der Kindheit, wenn Kinder respektive Enkelkinder lernen, miteinander zu spielen und sich auszutauschen, so, wie sie auch das Unternehmen spielerisch kennenlernen, wenn sie es besuchen.

Auch für Nicola Tettamanti ist die frühzeitige Nachfolgeplanung essenziell. Je eher man sich vorbereitet und sicherstellt, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind, desto besser. Obwohl die frühzeitige Planung herausfordernd sein kann, zeigen sich langfristig positive Ergebnisse. «Timing ist der Schlüssel», sagt er. «Und man sollte unbedingt prüfen, ob alle wirtschaftlichen Bedingungen erfüllt und die Fähigkeiten und Ressourcen für eine erfolgreiche Übernahme vorhanden sind.»

Ein weiteres wichtiges Stichwort: Vertrauen. «Unser Vater sagte vom ersten Tag an, als wir übernommen haben: ‹Jetzt trefft ihr die Entscheidungen.› Er wusste, wie wir zurechtkommen und in welche Richtung wir gehen wollten, hat sich aber nicht eingemischt», erzählt Nicola Tettamanti. «Vielmehr meinte er: ‹Jetzt seid ihr dran, ihr habt mein Vertrauen. Für Ratschläge bin ich da.› Diese Einstellung war ein grosser Gewinn für uns.»

Das Learning: Der Nachfolgeprozess in der Familie dauert oft länger als andere Übergabeoptionen. Umso wichtiger ist eine frühzeitige und sorgfältige Planung. Das Timing muss stimmen und alle wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen sollten erfüllt sein, um den Übergang nachhaltig erfolgreich zu gestalten.

Timing ist der Schlüssel. Es ist wichtig, zu prüfen, ob alle wirtschaftlichen Bedingungen erfüllt sind und ob die Fähigkeiten und Ressourcen für eine erfolgreiche Übernahme vorhanden sind.

Nicola Tettamanti, CEO Tecnopinz

Bild von Martino Piccioli

Martino Piccioli

Präsident Pastifil SA

Seit 2016 ist Martino Piccioli Präsident der Plastifil SA, eines international tätigen Familienunternehmens mit Sitz in Mendrisio, das Stahldrahtprodukte für die Bereiche Medizin, Industrie, Haushaltsgeräte und Design herstellt. Lange Zeit wurde das Unternehmen, das in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen feiert, von seinem Grossvater geführt, unterstützt von seinem Vater und seinem Onkel. Martino Piccioli hat einen Bachelor in Betriebswirtschaft und einen Master in European Business. Nach Erfahrungen im Ausland und in der Deutschschweiz gründete er 2012 Stagend, ein ICT-Unternehmen, das im Bereich der Online-Buchung von Event-Entertainerinnen und - Entertainern tätig ist. Seit 2023 ist er Präsident der AIF Ticino (Associazione Imprese Familiari del Ticino). Seit 2018 sitzt er auch im Vorstand der AITI (Associazione Industrie Ticinesi) und seit 2021 im Vorstand des Schweizerischen Arbeitgeberverbands.

Bild von Nicola Tettamanti

Nicola Tettamanti

CEO Tecnopinz SA

Nicola Roberto Tettamanti ist CEO der Tecnopinz SA in Mezzovico, die hochpräzise und kundenspezifische mechanische Komponenten herstellt und weltweit 35 Länder beliefert. Er und sein Bruder Claudio Tettamanti haben das Unternehmen 2010 von ihrem Vater übernommen und führen es in der zweiten Generation. Während Claudio Tettamanti Maschinenbau studierte, hat Nicola Tettamanti einen betriebsökonomischen Hintergrund. Seit 2010 ist er Mitglied der Wirtschaftskommission von Swissmechanic Schweiz, 2014 wurde er in Lugano als Kommissionspräsident in den Vorstand gewählt. Seit 2022 ist er Präsident von Swissmechanic.

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