Weltpolitiker und unzählige wirtschaftspolitische Maßnahmen befassen sich mit der Bekämpfung des Klimawandels, aber reicht das aus? Nobelpreisträger sprechen über die Rolle der Wirtschaft, die Auswirkungen der Globalisierung und über die Strukturen, die sich positiv oder negativ auf die Realisierung wirklicher Fortschritte auswirken.

Die Nobelpreisträger 2018 wurden für Arbeiten und Modelle ausgezeichnet, die technologische Innovationen in die makroökonomische langfristige Analyse integrieren. Für viele war es eine wichtige Entscheidung des Nobelkomitees, Natur und Wissen zu verbinden und Arbeiten in den Mittelpunkt zu stellen, die nicht nur den Klimawandel, sondern auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft untersuchen und die Wichtigkeit dieses Wissens verdeutlichen. Der Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Paul Romer stellt die eine Hälfte des Preisträgers, aber viele seiner Wirtschaftskollegen stimmen ihm zu: Die Wirtschaft ist vielleicht eines der wichtigsten Instrumente, wenn es um die Bewältigung des Klimawandels geht.

Clevere Lösungen ohne den Schaden

„Ich glaube nicht, dass es so schwer sein wird, die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen“, sagt Romer. „Denn das Problem wird immer ernster, weil wir nicht versuchen, es zu lösen. Es müssen nur gewisse Anreize gesetzt werden, um das Problem zu lösen. Die Menschen werden von den zahlreichen cleveren Ansätzen überrascht sein, die der Markt für die Gewinnung und Distribution von Energie entwickelt, die nicht mit der Emission von CO2 und anderen Treibhausgasen verbunden ist.“

Er verweist auf einen Zeitpunkt in jüngster Vergangenheit, die 1970er Jahre, als die USA mit der Produktion und dem Ausstoß der Chemikalie Fluorchlorkohlenwasserstoff begannen, welche die Ozonschicht schädigte. Um die Schäden zu begrenzen und die Ozonschicht zu schützen, war ein globaler Ansatz gefragt. In den 1980er Jahren forderte die Reagan-Regierung ein Verbot der Produktion von Fluorchlorkohlenwasserstoffen und schloss daraufhin Verträge mit Ländern auf der ganzen Welt ab, die sich diesem Verbot anschlossen.

Wenn der Schaden erst einmal gestoppt ist, werden die Menschen unglaublich clevere Wege finden, Geld zu verdienen, ohne Schaden anzurichten.
Paul Romer

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„Bevor das Verbot in Kraft trat, sagten führende Vertreter der Industrie, in der all diese Chemikalien hergestellt wurden: ‚Die Wirtschaft wird das nicht überleben. Unsere Lebensbedingungen werden bedroht sein.‘ Es stimmte alles nicht“, sagt Romer. „Kein Mensch bemerkte überhaupt die kleinen Änderungen, die vorgenommen werden mussten, um etwas anderes als Fluorchlorkohlenwasserstoffe einzusetzen. Ich denke, dass viele dieser ‚Oh, es wird so hart werden [, den Klimawandel zu stoppen]‘-Rufe von Leuten kommen, die damit Geld verdienen und allen anderen dabei schaden. Wenn der Schaden erst einmal gestoppt ist, werden die Menschen unglaublich clevere Wege finden, Geld zu verdienen, ohne Schaden anzurichten.“

Umweltmodelle

Laut Nobelpreisträger Joseph Stiglitz gibt es viele verschiedene Perspektiven sowie Instrumente, die Ökonomen bei ihrer Arbeit zur Bekämpfung des Klimawandels nutzen könnten. Eine stärkere Integration von Umweltmodellen in den gesamtwirtschaftlichen Rahmen ist ein guter Anfang, reicht aber bei weitem noch nicht aus.

„Es wird schon seit langem an einer Verknüpfung von Wirtschaftsmodellen und Umweltmodellen gearbeitet“, sagt Stiglitz. „Die Ökonomen haben lange Zeit vergessen, dass wir innerhalb der Grenzen unseres Planeten leben müssen. Das ist eine Beschränkung. Wir sprechen von Budgetbeschränkungen und verschiedenen anderen Arten von Beschränkungen. Aber die Beschränkung, innerhalb der Grenzen unseres Planeten leben zu müssen, dass wir die Energiebilanzen in den Griff bekommen müssen, ist eine Beschränkung, die wir nicht ausreichend beachtet haben. Die Ökonomen haben auch eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Frage zu thematisieren, wie viel Risiko wir bereit sind, einzugehen.“

Die Ökonomen haben auch eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Frage zu thematisieren, wie viel Risiko wir bereit sind, einzugehen.
Joseph Stiglitz

Stiglitz betont, dass wir zwar nicht wissen, welche Auswirkungen die Konzentration von Treibhausgasen letztendlich haben wird, aber wir wissen genug, um zu verstehen, dass die Folgen katastrophal ausfallen könnten. Das Bewusstsein für das Ausmaß dieses Risikos ist Teil des Arguments, warum es so wichtig ist, schnell zu handeln. Die Wirtschaft kann dabei helfen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Fragen zu beantworten wie: Wie lassen sich die Ziele am besten erreichen, oder sollte man auf Regulierung, einen Preis oder öffentliche Investitionen setzen?

„Es bedarf einer Vielzahl an Maßnahmen“, sagt Stiglitz. „Man kann sich nicht nur auf Preisinterventionen oder regulatorische Maßnahmen allein verlassen. Staatliche Investitionen werden unerlässlich sein.“

Die wichtige Rolle der Wirtschaft

Für Esther Duflo, die als zweite Frau überhaupt 2019 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt, geht es nicht um die Frage, ob die Wirtschaft zur Lösung des Problems beitragen kann, sondern nur um die Frage, wie. Duflo und ihre Co-Preisträger erhielten die Auszeichnung für ihren experimentellen Ansatz zur Bekämpfung der Weltarmut, der weitgehend auf randomisierten kontrollierten Studien beruht. Die Bereitschaft zu experimentieren und zu iterieren war der Schlüssel zum Erfolg für Duflo und könnte auch in diesem Fall entscheidend sein.

„Ich denke, dass die Wirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen muss. Ohne die Wirtschaft ist das nicht zu schaffen“, sagt Duflo. „Es wird keinen Fortschritt geben, wenn nicht Wege gefunden werden, dass die Menschen ihre Verhaltensweisen ändern, und in der Wirtschaft geht es in gewisser Weise darum, wie die Menschen auf Anreize und das sie umgebende soziale Umfeld reagieren.“

Duflo erklärt, es sei nicht so einfach, wie Ökonomen es sich gedacht hatten, dass eine CO2-Bepreisung bedeutet, dass der Preis steigt und die Menschen daraufhin weniger verbrauchen. Sie führt an, dass der Energiekonsum, wie viele andere Dinge in unserem Leben, eine Frage von Gewohnheiten ist.

„Es geht um die wirtschaftliche Organisation, die Verhaltensökonomie und die politische Ökonomie, und alle müssen sich darauf konzentrieren, wie wir die Menschen dazu bringen, ihr Verhalten zu ändern“, sagt Duflo. „Wir wissen, dass etwas getan werden muss. Die CO2-Emissionen müssen reduziert werden.“

Ich denke, dass die Wirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen muss. Ohne die Wirtschaft ist das nicht zu schaffen
Esther Duflo

Die globale Verantwortung

Der Nobelpreisträger Michael Spence, ein Experte in Sachen Wirtschaftswachstum und nachhaltiges Wachstum, meint, dass es noch viel zu tun gibt, wenn es darum geht, wie man Umweltaktivitäten und -veränderungen analysieren und auswerten kann. Spence ist zudem der Ansicht, dass Technologie eine entscheidende Rolle bei der Minimierung negativer Begleiterscheinungen spielt, die bei Übergangsprozessen auftreten können. Außerdem ist es eine Frage der globalen Führung und Verantwortung.

„Die Frage, die sich die Menschen stellen, lautet: Führt der Kampf gegen den Klimawandel zu einer Verringerung der Wirtschaftsleistung?“, sagt Spence. „Die Meinungen darüber gehen auseinander. Vielleicht ja, vielleicht nein. Es geht bei dieser Aufgabe jedoch nicht um kurzfristige Erfolge. Der Zweck des Ganzen ist, dass es nicht eines Tages zu einem katastrophalen Zusammenbruch kommt. Daher glaube ich, dass die Art und Weise, wie wir heute wirtschaftliche Leistungen bewerten, es schwieriger macht, diese Langzeitproblematik anzugehen.“

Der Umstieg auf umweltfreundlichere Energiequellen wird nicht von heute auf morgen gelingen. Laut Spence stehen wir vor einem Übergang über mehrere Jahrzehnte, wobei die Energieeffizienz gesteigert und der Anteil fossiler Brennstoffe am Energiemix zurückgefahren wird, insbesondere bei der Stromerzeugung, aber eben nicht ausschließlich. Dafür sind ein Plan und entsprechende Technologien erforderlich.

„Es braucht einen Plan, der die Entwicklung der fossilen Brennstoffe berücksichtigt“, sagt Spence. „Die Politik in diesem Bereich hat dazu geführt, dass wir viel zu wenig in einen ausgewogenen Plan für eine umweltfreundliche Wirtschaft und den gleichzeitigen Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen investiert haben. Dafür sind im Laufe der Zeit ausgewogene Strategien gefragt.“

Die Art und Weise, wie wir heute wirtschaftliche Leistungen bewerten, macht es schwieriger, diese Langzeitproblematik anzugehen.
Michael Spence

Er fügt hinzu, dass die größten Akteure, gemessen an den Emissionen, sich untereinander verständigen müssen, um einen sinnvollen Wandel herbeizuführen.

„Diese sind China, Indien, Europa, Großbritannien, Nordamerika, Mexiko und Japan“, erklärt er. „Wenn man ihre gesamten CO2-Emissionen zusammenrechnet, ist dies zwar nicht die ganze Geschichte, aber doch ein bedeutender Teil davon. Insgesamt entspricht es über 70 Prozent der weltweiten Emissionen. Im Kern geht es darum, eine Übereinkunft zwischen den USA, China und Europa zu erzielen, die sinnvoll ist und die Ambitionen verstärkt.“

Ein optimistischer Ausblick

Bei all ihren wissenschaftlichen Anschauungsweisen, theoretischen Konzepten und Wirtschaftstheorien bleibt bei vielen Ökonomen ein sehr menschliches, nachempfindbares Gefühl zurück: Hoffnung.

„Es gibt Gründe, momentan pessimistisch zu sein. Es gibt aber auch Gründe, optimistisch zu sein“, sagt Romer. „Man kann optimistisch sein, wenn man daran denkt, was angesichts der physikalischen Gegebenheiten der Welt und der Dinge, die wir produzieren und umsetzen können, möglich ist. Die technologisch-physikalischen Potenziale sind einfach enorm. Aber die Frage, die aktuell beantwortet muss, lautet: Wie können wir diese Potenziale realisieren?“

„Die Chancen werden genauso gut aussehen wie in der bisherigen Geschichte der Menschheit, wenn es gelingt, schwierige Entscheidungen zu treffen und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir werden weiter Fortschritte machen. Unser Lebensstandard wird sich verbessern. Wir werden ein besseres, erfüllteres Leben führen.“

Und Stiglitz stimmt zu.

„Seit wir mehr über den Klimawandel nachdenken, sind die Kosten für erneuerbare Energien gesunken“, sagt er. „Die Menschen ändern ihre Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, und so könnte es sich wirklich herausstellen, dass es nicht nur einfacher sein wird, das Ziel von eineinhalb Grad Nettoneutralität bis 2050 zu erreichen, als wir dachten, sondern dass dies eine echte Welle kreativer Energien auslösen könnte, die unsere Gesellschaft tatsächlich voranbringen wird.“

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