Sind CO2-Preise sinnvoll? Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Umweltbelastung
Obwohl sich Ökonomen selten einig sind, sehen die meisten in der CO2-Bepreisung eine vernünftige Lösung, um die Auswirkungen menschlicher Aktivität auf die Umwelt zu reduzieren, heben aber die Komplexität hervor.
Vereinfacht gesagt ist die Steuer auf CO2 eine Gebühr, die auf die Verbrennung von kohlenstoffhaltigen Energieträgern wie Kohle, Öl und Erdgas erhoben wird. Die Regierung legt einen Preis fest, den Emittenten für eine bestimmte Menge von Treibhausgasen, die sie ausstossen, bezahlen müssen.
«Wir brauchen eine Wirtschaftsstruktur, die Verdienstmöglichkeiten fördert, die nicht schädlich sind», so Nobelpreisträger und Senior Vice President der Weltbank Paul Romer. «Wenn etwas schlecht ist, muss man seinen Preis anheben», fügt Richard Thaler, ebenfalls Nobelpreisträger, hinzu. «Wir sollten CO2 besteuern.»
Das Problem ist im Wesentlichen ein politisches Problem, argumentiert Spieltheorieexperte Jean Tirole. «CO2-Preise einzuführen ist relativ einfach, sofern die Regierungen sich einig sind. Nehmen wir mal an, dass der CO2-Preis in Europa bei 40 EUR pro Tonne liegen würde, was sehr wenig ist und sogar unter dem Preis liegt, der nach den Berechnungen erforderlich wäre. Sogar mit diesen 40 oder 50 EUR je Tonne CO2 würden Kohlekraftwerke vollständig aus Europa verschwinden.»
Tirole findet, dass eine effektive Einführung der CO2-Steuer eine Kombination aus Aufklärung und Kompensation voraussetzt. Die Menschen müssen verstehen, warum eine Steuer auf Kohlendioxid hilfreich ist. «Wenn du 60 km entfernt von Toulouse wohnst, täglich mit dem Auto zur Arbeit fährst und nicht viel Geld hast, hältst du aus verständlichen Gründen nicht viel von einer CO2-Steuer.» Man könnte also, so argumentiert er, stattdessen die CO2-Steuer so erheben, dass jeder Bürger sie als Pauschalbetrag zurückfordern kann. Nach dieser Berechnung würden ärmere Menschen schliesslich sogar besser dastehen.»
Begrenzung und Handel sind weitere Optionen für die Erhebung einer CO2-Steuer. Tirole erklärt das so: «Wenn wir die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius begrenzen wollen, können wir nur eine bestimmte Menge an CO2 ausstossen. Wenn Unternehmen oder Staaten also weiterhin CO2 ausstossen möchten, weil es zu teuer für sie ist, ihre Emissionen zu verringern, müssen sie die entsprechenden Lizenzen erwerben.»
«Aber das setzen wir nicht um, weil es an politischem Willen fehlt», fügt er hinzu. «Und das ist sehr gefährlich. Wir haben eine grössere Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Enkeln und wir beschäftigen uns ziemlich viel mit Greenwashing. Wir reden die ganze Zeit über die Umwelt, tun aber sehr wenig.»
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Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Paul Krugman pflichtet Tirole bei. «Die grösste Herausforderung, der die Welt aktuell gegenübersteht, ist die Umwelt», so der Kolumnist der New York Times. «Warum reden wir überhaupt noch über irgendetwas anderes? Technisch ist das Problem eigentlich gar nicht so schwer zu lösen, wenn denn der politische Wille da wäre. Die wirtschaftlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Klimawandels sind auch nicht trivial, aber das eigentliche Problem besteht zum einen in der Leugnung des Klimawandels und zum anderen in der Frage, welches Land die Last trägt. Davon hängt alles ab.»
Gegen die multilaterale Zusammenarbeit wird auf vielen Ebenen Widerstand geleistet, so Michael Spence. «Wenn es uns nicht gelingt, einen CO2-Preis einzuführen, können wir die Probleme aus zwei Gründen nicht lösen. Erstens schaffen wir einen Anreiz für die übermässige Nutzung fossiler Brennstoffe, die zur Emission von Kohlendioxid führt, und zweitens unterliegen die neuen, sauberen Technologien im Wettbewerb, weil die aus fossilen Brennstoffen gewonnene Energie nicht angemessen bepreist wird, also in diesem Fall zu wenig kostet.»
Ein weiteres Problem ist das Misstrauen, das zwischen den Ländern herrscht, argumentiert Tirole. Es gehe immer in erster Linie um das eigene Land. Auch wenn viele Staats- und Regierungschefs auf der Weltbühne verkünden, sie würden sich um die langfristigen Folgen der Erderwärmung sorgen, argumentiert Tirole, dass die aktuellen populistischen Entwicklungen viele dieser Länder eher auf einen Kurs geführt haben, der von dieser Steuer wegführt. «Wenn die grössten Länder der Welt ausserhalb von Europa von Populisten regiert werden, die keine CO2-Steuer wollen, wird es sehr schwierig, eine internationale Koalition zu bilden.»
Ohne geopolitischen Wandel ist kein Wandel möglich. Bengt Holmström nennt dies das «Trittbrettfahrerproblem». Im Hinblick auf eine globale CO2-Steuer bedeutet dies, dass ein Land zwar an einer saubereren Umwelt interessiert ist, aber nicht all seine Trümpfe (und Verpflichtungen) zuerst auf den Tisch legen will. So wie auch niemand derjenige in einer Arbeitsgruppe sein möchte, an dem die ganze Arbeit hängenbleibt.
Letztendlich spiele dies aber gar keine Rolle, so Tirole. «Ob ich jetzt eine Tonne CO2 ausstosse oder jemand in Indonesien ist genau das gleiche.» Der Schaden für die Umwelt ist derselbe, unabhängig davon, wo das CO2 produziert wird.
Keiner von uns sagt, dass eine CO2-Steuer die ultimative Lösung für das komplexe Problem der globalen Erwärmung ist, so der Wirtschaftswissenschaftler Michael Spence. «Ich glaube nicht, dass irgendjemand denkt, dass wir das Problem ganz einfach lösen können, indem wir einfach einen Preis draufsetzen, oder? Es müssen sich sehr viele Werte verändern, viele Verhaltensänderungen auf der mikroökonomischen Ebene sind notwendig.»
Paul Romer stimmt seinem Nobelpreiskollegen zu und argumentiert, dass der Kern des Problems in der mangelnden Bereitschaft der Menschen liegt, aktive Schritte zu seiner Lösung zu unternehmen. «Wir müssen also eigentlich nur Anreize schaffen, um das Problem zu lösen», sagt er. Letztendlich ist die Einführung einer CO2-Steuer nur ein wichtiger Baustein in der Gesamtlösung. Man kann die CO2-Steuer einführen und Energie verteilen und Alternativen mit Anreizen versehen. Die Bepreisung von Kohlendioxid findet nicht in einem Vakuum statt.
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