Bietet die Umweltökonomie eine Lösung für den Klimawandel?
Die Auswirkungen des Menschen auf die Umwelt sind das Thema des Jahrhunderts. Überall auf der Welt wird diskutiert, wie wir sie abmildern können. Wird uns die wachsende Zahl der Umweltökonomen einer Lösung für den Klimawandel näherbringen?
Der Bereich Umweltökonomie hat zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Anzahl von Forschungsarbeiten wächst und die Zahl der öffentlichen Stimmen, die auf ein zügiges Handeln drängen, steigt gleichermassen. Als William Nordhaus 2018 den Nobelpreis für seine Arbeit in Bezug auf die Integration des Klimawandels in langfristige makroökonomische Analysen erhielt, betonte das Nobelkomitee die Bedeutung von dauerhaftem und nachhaltigem Wirtschaftswachstum in der Zukunft.
«Es ist ein Wettlauf zwischen Wachstum und einer ausreichenden Veränderung des Wachstumsmodells», sagt Michael Spence, ein Kollege von Nordhaus und lautstarker Verfechter der Bedeutung seiner Arbeit.
2012 war Finn Kydland Mitglied eines Expertengremiums des «Copenhagen Consensus», welches unterschiedliche Lösungsansätze zur Bewältigung der grössten Herausforderungen der Erde untersuchte. Eine der besten Lösungen, die vorgestellt wurden, war die Einführung einer Steuer auf Kohlenstoffemissionen. «Diese Steuer könnte zunächst gering ausfallen», schlägt Kydland vor, «dann aber exponentiell steigen. Das ist eine Lösung, die Anreize setzt.» Er erklärt, dass die Schaffung von Anreizen ein zentraler Aspekt der Wirtschaftstheorie ist und dass die Bepreisung von Kohlenstoff ein gutes Beispiel dafür ist.
Heute wird die CO2-Bepreisung als bedeutendes Element im Kampf gegen den Klimawandel gesehen. «Es gibt relativ wenige Themen, bei denen sich nahezu alle Ökonomen einig sind, aber das ist sicherlich eines davon», sagt Spence.
In vielen Ländern – darunter die USA, China und Kanada – liegen Vorschläge auf dem Tisch. «Wenn wir es nicht schaffen, uns auf einen Preis für Kohlenstoff zu einigen, können wir das Problem nicht lösen, und zwar aus zwei Gründen», erklärt Spence. «Zum einen fördern wir dadurch die übermässige Nutzung fossiler Brennstoffe und somit die Erzeugung von Kohlendioxid. Zum anderen werden neue, saubere Technologien benachteiligt, da die aus den fossilen Energieträgern gewonnene Energie nicht angemessen bepreist wird, also in diesem Fall zu wenig kostet.»
Angaben der Weltbank zufolge gibt es in mehr als 45 Staaten Mechanismen zur CO2-Bepreisung. Das entspricht ungefähr 20 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen weltweit. Die sogenannte «Carbon Pricing Leadership Coalition» (CPLC) betont, dass ein CO2-Preis die Last auf diejenigen verlagert, die für die Umweltverschmutzung verantwortlich sind, und somit die Belastung der Umwelt reduzieren oder gar verhindern kann. Ein CO2-Preis ist nicht nur ein Anreiz für Unternehmen, ihre Emissionen zu senken, sondern fördert auch Innovationen im Bereich sauberer Energien.
Dennoch, ohne weltweit einheitliche Regeln, besteht die Sorge, dass Unternehmen ihren Sitz verlagern könnten, um der Steuer zu entgehen. Und das würde Arbeitsplätze kosten. «Die Besteuerung von CO2 ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel, aber es ist äussert schwierig abzusehen, ob das auf politischer Ebene durchzusetzen ist», so Spence.
Wenngleich internationale Abkommen dringend erforderlich sind, so sieht Spencer die grössten Fortschritte im Bereich des individuellen Engagements. «Zehntausende Menschen setzen sich direkt oder indirekt dafür ein», sagt er. «Das ist gut. Das ist das Entscheidende.»
Spence betont, dass ein Ansatz allein nicht ausreichen wird. Wir müssen die Denkweise der Menschen ändern und für ein besseres Verständnis der daraus resultierenden positiven Auswirkungen sorgen.
«Eine CO2-Steuer und andere Vorschriften würden nach dem Top-Down-Prinzip erfolgen, wären also Vorgaben von oben. Bottom-up hingegen bedeutet, das eigene Verhalten aufgrund sich wandelnder Werte zu verändern», fügt Spence hinzu. «Dazu gehören Bildungsprogramme. Und dazu gehört auch das Recycling.»
Die jüngere Generation gehört zu denen, die am stärksten motiviert sind, den weiteren Klimawandel zu stoppen. Die Organisation «Fridays for Future», eine internationale Bewegung von Schülern, die für mehr Klimaschutz auf die Strasse gehen, löste 2018 Demonstrationen in fast 300 Städten weltweit aus. Ihre Hoffnung ist, durch entsprechenden Druck auf die Politik einen Wandel herbeiführen zu können.
«Die Wirtschaftswissenschaften entwickeln sich weiter», sagt Spence. «Es wird nie so sein, dass die Wirtschaftswissenschaften stets die richtigen Modelle und Lösungen parat haben. Aber ich bin davon überzeugt, dass sie sich weiterentwickeln und einen Beitrag leisten werden.»
Die Klimadebatte wird anhalten. Die Frage, wie wir den Einfluss des Menschen auf die Umwelt verringern können, ist eines der wichtigsten Themen auf der globalen Agenda. Wie genau die richtigen Lösungen aussehen werden, ist noch unklar. Eines aber ist sicher: Wirtschaftswissenschaftler werden dabei eine grosse Rolle spielen.
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