Die Trittbrettfahrerproblematik: Ökonomie und Klimaschutz
Den einzelnen Ländern fehlt der Anreiz, ihre Anstrengungen zur Verbesserung des Klimaschutzes zu erhöhen, wenn sie sich stattdessen auch zurücklehnen können, um von den Bemühungen der anderen zu profitieren.
Wikipedia ist mit Sicherheit eines der besten Beispiele für die Trittbrettfahrerproblematik. Eine Plattform, die Menschen auf der ganzen Welt mit Wissen versorgt, ohne dafür Geld zu verlangen, deren Spendenaufrufe von vielen einfach weggeklickt werden. Warum sollte man für etwas bezahlen, was auch umsonst zur Verfügung steht?
Die Trittbrettfahrerproblematik wurde zuerst im Bereich der Wirtschaftswissenschaften beschrieben, ist seitdem aber fester Bestandteil verschiedenster sozialwissenschaftlicher Theorien. Die Trittbrettfahrerproblematik beschreibt in der Ökonomie ein Marktversagen, das entsteht, wenn diejenigen, die von Ressourcen, Gütern oder Dienstleistungen profitieren, sich nicht an den entsprechenden Kosten beteiligen. Das kann nämlich dazu führen, dass andere auch weniger beitragen, weil sie wissen, dass es Trittbrettfahrer gibt.
Warum soll ich für Wikipedia bezahlen, wenn andere das möglicherweise nicht tun?
Die Trittbrettfahrerproblematik kann man auf viele verschiedene Fragen anwenden. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr sie in den letzten Jahren in der Debatte über den Klimawandel. Viele Ökonomen beschreiben Trittbrettfahren als eine der grössten Hürden bei der Bewältigung dieses Problems.
«Letztendlich möchte jedes Land, dass das andere Land sich darum bemüht, seine Emissionen zu reduzieren», erklärt Jean Tirole. «Wenn Frankreich seine Emissionen reduziert, bekommt es dafür nur einen kleinen Anteil der Vorteile, trägt dabei aber 100 Prozent der Kosten.»
Angesichts der absoluten Dringlichkeit des Klimaschutzes scheint es eigentlich keinen guten Grund zu geben, warum Frankreich oder ein anderes Land das Problem nicht sofort und ohne Rücksicht auf die Kosten angehen sollte. Das Dilemma wird jedoch schnell klar, wenn man es aus der Perspektive eines Ökonomen betrachtet, der sehr gut weiss, dass Anreize vorrangig wirken.
Die positiven Effekte der Reduzierung der Emissionen in einem Land wirken sich grösstenteils ausserhalb der eigenen Grenzen aus. Dies hat nun zur Folge, dass eigennützig handelnde Länder den Anreiz haben, ihre Bemühungen um den Klimaschutz zu minimieren und von den Bemühungen der anderen Länder zu profitieren.
«‹Mein Land zuerst› ist heutzutage in fast allen Ländern ein beliebter Slogan», erläutert Tirole. «Das ist ein Problem. Jeder will, dass der andere den Job erledigt.»
Christopher Pissarides erklärt, wie die Welt in den letzten Jahrzehnten zusammengerückt ist. Handelsliberalisierung, Globalisierung und die Einrichtung multinationaler Institutionen wie der EU sind alles Beispiele hierfür.
«Damit werden schrittweise die Grenzen abgeschafft», sagt Pissarides. «Die Menschen sehen die Erde noch immer nicht als einen Planeten, der allen gemeinsam gehört, aber die Umweltfrage rückt uns allmählich näher zusammen. Hoffentlich werden wir eines Tages den Punkt erreichen, an dem die Menschen weniger territorial denken. Wirtschaftliche Grenzen müssen irgendwann fallen.»
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