Gibt es eine Verbindung zwischen Gefühlen und wirtschaftlichem Erfolg?
Ökonomie und Psychologie sind sehr unterschiedliche Fachrichtungen und dennoch untrennbar miteinander verknüpft. Was sagen Nobelpreisträger über die Verbindung zwischen Gefühlen und wirtschaftlichem Erfolg?
Wirtschaftswissenschaften und Psychologie sind zwei sehr unterschiedliche Fachrichtungen. Das, was unsere Kultur, unsere Gefühle, unseren Glauben und unsere politischen Ansichten ausmacht, hat doch sicher keinen Einfluss auf unsere wirtschaftlichen Entscheidungen. Tatsächlich sind die beiden Aspekte aber nicht nur untrennbar miteinander verknüpft, es gibt sogar ein eigenes Fachgebiet, welches die Beziehung zwischen beiden untersucht – die Verhaltensökonomie.
Zwar wurde in den letzten Jahren vermehrt dazu geforscht, doch laut Nobelpreisträger Richard H. Thaler handelt es sich keineswegs um ein neues Phänomen im Bereich der Ökonomie.
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Wirtschaftswissenschaften sehr stark von der Verhaltensforschung geprägt.
«Als das Fachgebiet danach zunehmend mathematischen Einflüssen unterlag, vergassen die Ökonomen ihre verhaltenstheoretischen Wurzeln», sagt Thaler. «Die Mathematisierung der Wirtschaftswissenschaften war wichtig und auch nützlich. Aber ich denke, die Ökonomen haben sich dabei etwas verrannt. Je unrealistischer die ökonomischen Annahmen werden, desto problematischer werden sie.»
Ein weiterer Nobelpreisträger, der sich mit Verhaltensökonomie befasst hat, ist Daniel Kahneman. Er sagt, dass die Menschen zwar gern denken, ihre Entscheidungen und Ansichten seien rational, doch grösstenteils sind sie emotional. Das hat weitreichendere Folgen, als uns vielleicht bewusst ist.
«Warum glauben die Menschen, zu wissen, was sie glauben zu wissen?» fragt sich Kahneman. Fragt man jemanden, so Kahneman, warum derjenige an eine politische Bewegung oder gar eine bestimmte Religion glaubt, werden Argumente als Antwort vorgebracht.
«Subjektiv fühlt es sich an, als sei man von etwas überzeugt, weil man ja Argumente dafür hat», so Kahneman. So funktioniert es aber nicht», sagt er. «In Wahrheit ist es andersherum. Man glaubt an eine Schlussfolgerung und daher an die Argumente, die diese Schlussfolgerung stützen. Das ist von fundamentaler Bedeutung.»
«Das ist psychologisch vollkommen schlüssig, aber nicht folgerichtig im Sinne von Beweisen und daraus gezogenen Rückschlüssen. Es ist emotional schlüssig. Die Menschen, denen man vertraut, glauben das. Man selbst glaubt daran. Die Theorie der rationalen Entscheidung hat tiefgreifende politische Auswirkungen.»
Selbst Institutionen wie zum Beispiel die Finanzmärkte, welche gemeinhin als streng mathematisch gelten, werden von unserem Verhalten beeinflusst. Der Nobelpreisträger Robert J. Shiller erhielt die Auszeichnung für seine Erkenntnis, dass Aktienkurse nicht nur vorhersagbar sind, sondern bereits viele Jahre im Voraus prophezeit werden können. Das schien vorher unmöglich.
«Der gesamte Aktienmarkt wird meiner Meinung nach vor allem von nicht-ökonomischen Faktoren bestimmt. Dazu gehören beispielsweise die Ängste der Menschen, ihre Vorurteile oder ihre Reaktionen auf Nachrichtenbeiträge, Wahlen und Kampagnen», sagt Shiller. «Der Vorschlag, dass wir die Märkte komplett sich selbst überlassen sollten, weil sie so am besten funktionieren und zu unserem Vorteil arbeiten, ist schlichtweg falsch.»
Kann man überhaupt jemals wissen, ob man die richtige Wahl trifft, insbesondere, wenn es um Anlageentscheidungen geht? Der Nobelpreisträger sagt, es geht darum, die perfekte Balance zwischen Intuition und Regulierung zu finden. Und das ist keine leichte Aufgabe.
«Wir müssen die Menschen machen lassen und dazu gehört es auch, Fehler zu machen», so Shiller. «Es gibt Menschen, die einfach nicht aufpassen und sich täuschen lassen. Es braucht mehr als Denkanstösse. Manchmal braucht es ein Verbot von betrügerischen Praktiken.»
Kahneman warnt auch davor, die Verbindung zwischen Verhalten und finanziellen Entscheidungen sowie die unterschiedliche Wahrnehmung von Gewinnen und Verlusten zu ignorieren.
«Die Menschen reagieren nicht darauf, wie wohlhabend sie sind oder wie wohlhabend sie einmal werden wollen», sagt Kahneman. «Sie regieren auf Veränderungen, auf Gewinne und Verluste.
Und Gewinne und Verluste sind kurzfristig. Sie sind unmittelbar und sie sind sofort spürbar.»
«Menschen nehmen Verluste viel stärker wahr als Gewinne», sagt er. «Die Menschen hassen es zu verlieren. Und das Gefühl, verloren zu haben, ist viel stärker als die Freude, gewonnen zu haben.»
Und darin liegt das Problem; Intuition fühlt sich immer gleich an, egal ob man falsch oder richtig liegt. Wenn also die Wahrscheinlich genauso gross ist, dass wir – von einer Entscheidung überzeugt – Fehler machen oder Handlungen ausführen, die uns schaden könnten, wie sollen wir dann wissen, wann wir auf unser Gefühl vertrauen können?
Wie können wir also bessere Entscheidungen treffen? Kahneman hat dafür einige wertvolle Tipps.
«Wenn Sie eine wichtige Entscheidung zu treffen haben, sollten Sie zwei Dinge tun. Zum einen sollten Sie nichts überstürzen. «Zum anderen sollten Sie sich von einer anderen Person beraten lassen. Von jemandem, der Sie mag, der aber keine Rücksicht auf Ihre Gefühle nimmt. Diese Person dürfte Ihnen eher einen guten Rat geben.»
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