Autoren
Heinz Tschabold Werner Richli

Das Stadtzentrum von Paris, wie wir es heute kennen, geht auf Kaiser Napoleon III. zurück, der Baron Haussmann in den Jahren 1853–1870 mit der Konzeption und Neugestaltung der Innenstadt beauftragte. Dabei wurden die umliegenden Vororte eingebunden und über Boulevards mit Paris vernetzt – interessanterweise wurde damals ein ähnlicher Ansatz wie beim aktuellen Projekt «Grand Paris Express» (GPE) verfolgt.

2010 war Projektbeginn. Seit nun mehr als sieben Jahren wird gebaut. Die Idee ist es, das Transportnetz um Paris herum mit einer Ringbahn auszubauen, die Île-de-France besser zu vernetzen und den Standort für Firmen und Anwohner attraktiver zu gestalten. Pünktlich zur Eröffnung der olympischen Sommerspiele in Paris 2024 sollen erste Strecken der UBahn in Betrieb genommen werden.

Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Fokus

Die Ringbahn ist ein gigantisches Projekt und umfasst ein urbanes Gebiet mit über 11 Millionen Einwohnern, das jenes des Grossraums London übersteigt.1 Die kumulierten Ausgaben haben per Ende 2021 über EUR 26 Mrd betragen und werden bis zum Ende der Bauzeit auf EUR 40 Mrd anwachsen, einschliesslich der Ausgaben für Modernisierung des bestehenden Netzes und den Immobilienentwicklungen bei den geplanten U-Bahnstationen. Mit dem GPE beabsichtigte das Departement Île-de-France den Anschluss der Gemeinden an wichtige Verkehrsknotenpunkte mittels Ausbaus bestehender (Linien 11 und 14) sowie vier neuer U-Bahnlinien (15 bis 18), um sowohl das Zentrum vom Privatverkehr zu entlasten und gleichzeitig die Attraktivität der Aussengemeinden anzukurbeln. Verantwortlich hierfür zeichnet die im Jahr 2010 gegründete Société du Grand Paris.2 Gemäss Plan sollen rings um die 68 U-Bahnstationen, welche grösstenteils neu erstellt werden, Wohnungen aber auch Büro- und Laborflächen für Firmensitze und Forschungs- und Entwicklungszentren geschaffen werden. Das zu erweiternde Metronetz verfügt über eine Streckenlänge von 200 Kilometern, entspricht exakt der Länge des bereits bestehenden Netzes und verläuft zu 90% im Untergrund, in einer Tiefe von bis zu 50 Metern. Die Züge werden dereinst selbständig und mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 65 km/h fahren und täglich über 3 Millionen Passagiere befördern. Gemäss aktuellem Stand zählt der GPE 158 Baustellen und 29 im Einsatz stehende Tunnelbohrmaschinen, die sich mittlerweile bereits durch 90 Kilometer Stein gebohrt haben. Trotz Pandemie und zwischenzeitlichem Stillstand der Arbeiten auf den Baustellen, dürften diese zwischen 2024 und 2030 planmässig beendet werden. Wichtige Bahnkreuze und Einzelabschnitte, wie die Linie 14 vom Flughafen Orly zum Gelände der olympischen Spiele sind mittlerweile fertig gestellt.

Städte-Ranking: Paris hat Aufholpotential bei der Infrastruktur

Im jüngsten Städteranking zählt Paris nach London zu den Topstandorten in Europa.3 Im Vergleich zu früheren Bewertungen zur «Attraktivität von Paris als zukünftiger Unternehmensstandort» haben die Umfragewerte seit 2015 kontinuierlich zugenommen. Punkten kann Paris bereits mit der Grundversorgung: Gesundheit, Bildung und Rechtssicherheit3. Aufholpotential besteht bei Infrastruktur, weshalb mit dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs der Grossraum Paris für internationale Unternehmensansiedlungen noch attraktiver gemacht werden soll.

Attraktivste Städte für die Ansiedlung von Unternehmen

Balkendiagramm: London, Paris und New York führen das Ranking der attraktivsten Standortstädte für Unternehmensumzüge an
Quelle: Global Cities Investment Monitor 2022

London, Paris und New York führen das Ranking der attraktivsten Standortstädte für Unternehmensumzüge an

Hohe Ansprüche an die Nachhaltigkeit

Das GPE-Investitionsprogramm wird bis 2030 nicht nur eine gigantische Baustelle kreieren, sondern auch neue Stadtteile um die U-Bahnstationen erschaffen. Neben der besseren Erschliessung und der Verkürzung der Pendlerzeiten sind die Nachhaltigkeitsaspekte und der schonende Umgang mit Naturflächen sowohl beim Bauvorhaben als auch bei der Stadtentwicklung von zentraler Bedeutung. Die Umsetzung soll auch zur Erreichung der im Pariser Abkommen (Pariser Klimakonferenz 2015, COP 21) festgelegten Emissionsreduktionsziele beitragen. So sollten gemäss heutigen Schätzungen ab Betriebsbeginn bis zum Jahr 2070 zwischen 27 und 51 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.4

Reduktion der CO2-Emissionen während der Bauzeit

Da weltweit 37% aller CO2-Emissionen auf die Bautätigkeit und den Gebäudepark5 entfallen, hat sich die Société de Grand Paris verpflichtet, die CO2-Emissionen beim Bau der U-Bahn gegenüber einer herkömmlichen Bauweise um 25% zu reduzieren. Für die Emissionen sind dabei zu über 70% Beton und Stahl verantwortlich. Zu den Massnahmen der ausführenden Bauunternehmen wie Bouygues, Eiffage oder Vinci gehören etwa kohlenstoffarmer und faserverstärkter Beton, die Umwandlung von Tonaushub in ein alternatives Bindemittel und die Wiederverwendung von Aushubmaterial. In Bezug auf Biodiversität und Kreislaufwirtschaft verweist die Société de Grand Paris6 darauf hin, dass seit Lancierung des Projekts 49% des Aushubmaterials (Ziel: 70%) bereits anderen Zwecken zugeführt wurde und eine Fläche von 38 Hektaren (von geplant 80 ha) wieder aufgeforstet und renaturiert wurde. Insgesamt sollen 87'500 Bäume gepflanzt werden.

Stadt von morgen

Entlang des Netzes des GPE respektive der U-Bahnstationen fördert die Société de Gran Paris den nachhaltigen Umbau des öffentlichen Raums zu «Smart Green Cities»7, besitzen doch gerade Städte einen hohen CO2-Fussabdruck. Im Vordergrund stehen dabei drei Bereiche:

  • Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien: Im Mittelpunkt steht eine möglichst autarke Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Im Rahmen der Solarenergie im urbanen Raum wären Innovationen denkbar wie bewegliche oder faltbare Solarflächen, Photovoltaik-Fassadenkonstruktionen oder autarke Solarbeleuchtungen. Ferner könnte auch die Wärme im Strassenbelag8 gespeichert und über ein Wärmepumpensystem in benachbarten Gebäuden und Infrastrukturen genutzt werden.
  • Mobilität: Die Senkung der CO2-Emissionen und der Luftverschmutzung sowie die effiziente Nutzung der Transportmittel haben höchste Priorität. Im Vordergrund stehen der Ausbau der E-Mobilität und digitale Lösungen zur effizienten Verkehrssteuerung. Dies bedingt Netze, Batteriespeicher und Ladeinfrastruktur.
  • Grünräume und Biodiversität: Der Bedarf an Erholungsgebieten und der Nutzungsdruck im urbanen Raum steigen kontinuierlich. Der Klima- und Naturschutz trifft auf die Ansprüche der immer zahlreicher werdenden Erholungssuchenden. Die Städte der Zukunft müssen mit naturbasierten Lösungen auf den Klimawandel und den Biodiversitätsverlust reagieren: Fassadenbegrünung und Dachgärten, um Betonwüsten zu kühlen, Feuchtgebiete als Wasserauffangbecken, Mooswände, die Feinstaub binden, und überall mehr Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

Neue Konzepte für die Stadt von morgen

Bild: Neue Konzepte für die Stadt von morgen mit Stromstrassen, Grünflächen, Einsatz von BIPV-Technologien, erweiterter Biodiversität etc.
Quelle: Vinci. Basierend auf https://www.vinci.com/vinci.nsf/de/item/neuekonzepte-stadt-morgen.html; abgerufen am 31. März, 2023

Neue Konzepte für die Stadt von morgen mit Stromstrassen, Grünflächen, Einsatz von BIPV-Technologien, erweiterter Biodiversität etc.

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung

Die Verringerung der Verkehrsbelastung, die Verkürzung der Pendlerzeiten und der schonende Umgang von Naturflächen sind entscheidende Kriterien beim neuen U-Bahnnetz «Grand Paris Express». Die Umsetzung soll aber auch zur Erreichung der im Pariser Abkommen (COP 21) festgelegten Emissionsreduktionsziele beitragen. Der Bauzenit ist mittlerweile überschritten, die einzelnen Linien werden über die nächsten Jahre in Betrieb gehen und die Stadtentwicklungen rings um die U-Bahnstationen langsam Gestalt annehmen. Der Weg zum nachhaltigen Städtebau ist vorgespurt.

Die vorgenannten Personen führen regulierte Tätigkeiten nur in dem Land / den Ländern durch, in dem/denen sie ordnungsgemäss lizenziert sind, sofern dies relevant ist.

Die dargestellten Unternehmen dienen ausschliesslich zu Illustrationszwecken und sind weder als Aufforderung noch als Angebot zum Kauf oder Verkauf einer Beteiligung oder einer Anlage zu verstehen.

S-07/24 NAMT-1326

Über die Autoren
  • Heinz Tschabold

    Senior Portfoliomanager, Thematische Aktien

    Heinz Tschabold (MA, CAIA), Director, ist Senior Portfolio Manager im Thematic Equity Team. Im Jahr 2002 wechselte er zu Credit Suisse Asset Management, heute Teil der UBS Group, und war für die Implementierung quantitativer Modelle im Immobiliensektor verantwortlich. Seit 2006 verantwortet er als Senior Portfolio Manager Mandate im Bereich internationaler Immobilien- und Infrastrukturinvestments. Davor arbeitete Heinz als Finanzanalyst bei UBS Warburg und betreute Schweizer Unternehmen in den Bereichen Bau, Maschinenbau und Elektrotechnik. Heinz hat einen Abschluss in Betriebswirtschaft der Universität St. Gallen, einen Master in Finance und ist Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA).

  • Werner Richli

    Senior Portfoliomanager, Thematische Aktien

    Werner Richli (MA, CEFA), Director, ist Senior Portfolio Manager im Thematic Equity Team. Im Jahr 2003 wechselte Werner zu Credit Suisse Asset Management, heute Teil der UBS Group, wo er das Immobilienresearch entwickelte und für die Asset Allocation des ersten international investierenden Immobilienfonds sowie den Aufbau des Mandatsgeschäfts für internationale Immobilienanlagen verantwortlich war. Ab 1987 arbeitete Werner als Finanzanalyst beim Credit Suisse Investment Banking und begleitete verschiedene Schweizer Unternehmen bei ihren Börsengängen. Er hat einen Master in Betriebswirtschaftslehre der Universität Zürich und ist Certified European Financial Analyst (CEFA).

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