Eine Familie gründen, ein Eigenheim kaufen – von diesem Lebensentwurf träumen viele. Gerade der Traum von den eigenen vier Wänden bleibt ungebrochen: Laut der «Wohntraumstudie 2021» wünschen sich zwei von drei der zur Miete lebenden Personen Wohneigentum. Dies, obwohl die Preise seit dem Jahr 2000 fast ununterbrochen steigen. In den letzten Jahren hat sich der Preisanstieg noch verstärkt. Gleichzeitig hat Wohnen für die Schweizer Bevölkerung seit Corona einen noch höheren Stellenwert, wie der Hauseigentümerverband im Jahr 2021 eruiert hat.

Immobilienkauf aus eigenen Mitteln wird zunehmend schwieriger

Ausschliesslich mit dem eigenen Ersparten ein Haus oder eine Wohnung als Erstwohnsitz zu kaufen, wird immer schwieriger. Oft reicht das Vermögen in jüngeren Jahren (noch) nicht aus, um die Anforderungen zu erfüllen, die mit einer Finanzierung einhergehen – mindestens 20 Prozent des Immobilienwertes muss durch Eigenkapital finanziert werden.

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Der Erbvorbezug kann als Finanzierungshilfe für das Eigenheim dienen

Eltern haben verschiedene Möglichkeiten, ihren Nachwuchs noch zu Lebzeiten beim Immobilienkauf zu unterstützen. Das kann mit einem Darlehen, einer Schenkung oder mit einem Erbvorbezug geschehen.

Der Erbvorbezug ist eine freiwillige Zuwendung

Beim Erbvorbezug handelt es sich um einen Teil des zukünftigen Erbes, das Eltern bereits lebzeitig an ihre Nachkommen übertragen. Dabei kann es sich beispielsweise um einen Geldbetrag, eine Liegenschaft oder ein Grundstück handeln. Der Erbvorbezug muss wie ein Erbe versteuert werden, in den meisten Kantonen sind jedoch Ehepartner und Nachkommen von der Erbschaftssteuer befreit. Die Gewährung eines Erbvorbezugs geschieht freiwillig; es gibt keinen Anspruch vonseiten der Erbberechtigten. Bei der späteren Erbteilung wird der Gegenwert des Erbvorbezugs angerechnet. Geldbeträge werden nach dem sogenannten Nominalwertprinzip angerechnet, alle übrigen Vermögenswerte (bspw. Grundstücke und Liegenschaften) nach dem Verkehrswertprinzip.

Erbvorbezug und Ausgleichspflicht

Der Erbvorbezug untersteht in Bezug auf gesetzliche Erben einer Ausgleichspflicht, sofern ihnen der Erblasser diesen auf Anrechnung an ihren Erbteil zugewendet hat. Wenn der Erbvorbezug grösser ausfällt als der tatsächliche Anteil an der Erbschaft, muss ein Ausgleich an die Miterben bezahlt werden.

Der Pflichtteil bleibt bestehen

Neben der Ausgleichspflicht ist beim Erbvorbezug auch der Schutz gewisser Personengruppen (die sogenannten pflichtteilsgeschützten Erben) zu berücksichtigen. Nach schweizerischem Erbrecht haben diese Anspruch auf einen Anteil am Nachlass, unabhängig davon, ob sie im Testament als Erben genannt sind oder nicht. Nach dem aktualisierten Erbrecht handelt es sich bei den pflichtteilsgeschützten Erben um Ehegatten / eingetragene Partner und Nachkommen. Der Pflichtteil lässt sich nicht umgehen, die Erbberechtigten können nicht generell vom Erbe ausgeschlossen werden, es sei denn, die pflichtteilsgeschützten Erben verzichten auf ihren entsprechenden Anspruch.

Der Pflichtteil im neuen Erbrecht

Die wichtigste Änderung des neuen Erbrechts betrifft das Pflichtteilsrecht. Der Pflichtteil ist der Teil des gesetzlichen Erbteils, der bestimmten Erben nicht entzogen werden kann. Die Pflichtteilsquote der Nachkommen wurde von ¾ auf ½ des gesetzlichen Erbteils reduziert und der Pflichtteil, der von der verstorbenen Person an deren Eltern geht (bisher ½ des gesetzlichen Erbteils), wurde vollständig gestrichen. Unverändert bleibt die Pflichtteilsquote des überlebenden Ehegatten bzw. des eingetragenen Partners mit ½ des gesetzlichen Erbteils.

So wird eine Immobilie an die Kinder überschrieben

Wenn Eltern einem Nachkommen zu Lebzeiten ihr Haus oder ihre Wohnung überlassen – etwa, weil sie selbst lieber etwas Kleineres möchten –, gilt dies ebenfalls als Erbvorbezug. Auch hier muss sich der Nachkomme den Wert der Immobilie bei der Erbteilung an seinen Erbteil anrechnen lassen und gegenüber seinen Geschwistern ausgleichen. Das kann umgangen werden, indem die Eltern die Weitergabe ausdrücklich als «nicht ausgleichspflichtige Schenkung» bezeichnen. Dann ist der Begünstigte von der Ausgleichspflicht befreit. Allerdings darf diese Anordnung die Pflichtteile der anderen Kinder nicht verletzen.

Vor der Übertragung: Immobile schätzen lassen

Oft erhalten Nachkommen das Elternhaus als gemischte Schenkung: Sie zahlen zwar einen Kaufpreis, doch dieser liegt unter dem Marktwert. Die Ausgleichspflicht bei der Erbteilung bleibt – bis auf oben genannte Ausnahme – weiterhin bestehen. So muss insbesondere auch die Differenz vom Marktwert per Todestag des Erblassers zum Marktwert im Zeitpunkt der Übertragung ausgeglichen werden. Wichtig ist, dass die Eltern zum Zeitpunkt der gemischten Schenkung den Wert der Immobilie schätzen lassen, damit der spätere Ausgleichsbetrag einfacher berechnet werden kann.

Erbvorbezüge unbedingt schriftlich festhalten

Ein Erbvorbezug – ob als Geldsumme oder Immobilienüberschreibung – kann zu Spannungen unter den Nachkommen führen. Deshalb sind Sorgfalt und Korrektheit im Umgang damit unabdingbar. Ein schriftlicher Vertrag ist nicht obligatorisch, aber es empfiehlt sich, sämtliche Zuwendungen schriftlich festzuhalten und im Idealfall sämtliche Beteiligten zu involvieren. Damit behält man den Überblick und schafft Klarheit. Wenn alle Geschwister wissen, wer was wann bekommen hat, herrscht weniger gegenseitiges Misstrauen. So wird die Freude über das Eigenheim nicht durch allfällige Streitereien getrübt.

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