Nachdem wir dies wissen, stellt sich die Frage, welche Arbeitsplätze von der Automatisierung betroffen sind und wozu sich Unternehmen und Regierungen verpflichten müssen.

Jobs, die automatisiert werden

Durch Offshoring und Automatisierung fallen in der Industrie bereits seit einiger Zeit Arbeitsplatzchancen weg. In den Fertigungsstrassen arbeiten heute häufig Roboter statt Menschen. Schlecht gesteuerte disruptive Technologien können zu einer noch grösseren Ungleichheit, einer noch stärkeren Polarisierung und zunehmenden Kompetenzlücken führen, warnt das Weltwirtschaftsforum in seinem Bericht «The Future of Jobs».

Eine Studie der OECD aus dem Jahr 2018, die das Risiko der Automatisierung einzelner Arbeitsplätze einschätzte, stellte fest, dass bei Tätigkeiten im Fertigungssektor eine hohe Wahrscheinlichkeit der Automatisierung besteht. Ein höherer Prozentsatz wurde nur bei ungelernten Tätigkeiten ermittelt, die keine speziellen Kompetenzen erfordern.

Sind Büroberufe gefährdet?

«Büroberufe sind ebenfalls gefährdet», erklärt Bengt Holmström. «Dies betrifft insbesondere Mitarbeitende, die nicht unbedingt die innovativsten sind, sondern relativ routinemässige Aufgaben erfüllen, bei denen zwar gewisse Entscheidungen getroffen werden müssen, die aber mehr oder weniger immer die gleichen sind und keine grosse Kreativität erfordern. Diese Mittelschichtjobs werden verschwinden.»

Das Weltwirtschaftsforum vertritt ebenfalls die Auffassung, dass nicht nur Arbeitsplätze in Fabriken und unqualifizierte Tätigkeiten von der Automatisierung betroffen sind und sein werden. Der Anteil der Tätigkeiten, die der Mittelschicht einen sicheren Lebensstandard bieten, wird abnehmen. Besonders beunruhigend ist dies für Gesellschaften mit einer grossen Mittelschicht wie die USA. Finanzanalysten, Buchhalter, Bankangestellte, Manager, Chefsekretärinnen – alle diese Jobs sind durch die Automatisierung gefährdet und in ein paar Jahren gibt es sie möglicherweise gar nicht mehr.

Wie sieht die Zukunft der Arbeit in einer automatisierten Welt aus?

Die Tatsache, dass Arbeitsplätze verloren gehen, bedeutet nicht, dass Sie den Kopf in den Sand stecken müssen. Im Laufe der Geschichte der Menschheit hat es so etwas immer wieder gegeben. Einige der wichtigsten Erfindungen – die Dampfmaschine, die Druckerpresse, der elektrische Strom – führten zu drastischen Veränderungen an den Arbeitsmärkten. Dennoch ist der weltweite Wohlstand heute grösser als je zuvor. Die Zukunft der Arbeit wird sich stark von der gegenwärtigen Situation unterscheiden. Nobelpreisträger sagen jedoch, dass die Gesellschaft Möglichkeiten hat, darauf zu reagieren.

Eine Möglichkeit besteht darin, vor allem junge Menschen so auszubilden, dass sie Kompetenzen entwickeln, mit denen sie angemessen für die Zukunft der Arbeit gerüstet sind.

«Bei jungen Menschen können wir Fähigkeiten fördern, die es ihnen ermöglichen, sich an die Technologie anzupassen», erklärt James Heckman. «Es ist unumgänglich, dass wir uns Gedanken über Schulung, Bildung und eine Vorbereitung auf das Arbeitsleben machen, die sicherstellt, dass die Arbeitskräfte später über sogenannte übertragbare Qualifikationen verfügen.»

Bengt Holmström vertritt eine ähnliche Auffassung. «Die Gesellschaft muss in die Bildung investieren und Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten schaffen. Bei älteren Menschen gibt es ein Problem. Sie haben nicht alle Chancen gesehen, die es gibt.»

Was ist mit Menschen, die durch fortschrittliche Technologien und die zunehmende Automatisierung ihren Arbeitsplatz verlieren?

«Gewiss, für Menschen, die für ein bestimmtes Niveau der Technologie ausgebildet wurden, vor allem für ältere Menschen, ist es sehr schwierig, neue Fähigkeiten zu erwerben, wenn die alte Kompetenz durch die Technologie ersetzt wurde», räumt Heckman ein.

Das Weltwirtschaftsforum weist darauf hin, dass 54 Prozent aller Arbeitnehmer bis 2022 eine umfassende Umschulung und Weiterbildung benötigen. Dabei müssen nicht nur Kompetenzen in neuen Technologien erworben werden. Sogenannte Soft Skills, von emotionaler Intelligenz bis zum kritischen Denken, werden ebenfalls an Bedeutung gewinnen.

«Meiner Meinung nach sollte sich die Aufmerksamkeit der Unternehmen vor allem auf das Humankapital richten, das unter den Mitarbeitenden entwickelt wird», erklärt Paul Romer. «Wenn die Menschen, die für uns arbeiten, die richtigen Ideen zur Verfügung haben, können wir zusammen etwas viel Wertvolleres schaffen.»

Andererseits weist das Weltwirtschaftsforum darauf hin, dass leider nicht alle Unternehmen bereit sind, in die Weiterbildung ihrer bestehenden Mitarbeitenden zu investieren, sondern einfach erwarten, dass sie sich anpassen. «Es wird nie genügend Anreize für Arbeitgeber geben, ihre Mitarbeitenden zu schulen», meint Eric Maskin. Der Nobelpreisträger ist bekannt für seine Arbeit im Bereich Mechanismus-Design, einem Gebiet der Ökonomie, das sich mit der Schaffung angemessener Anreize für Menschen befasst.

«Wenn ich zu Ihrem Unternehmen komme und mich für eine Stelle bewerbe, könnten Sie mich schulen. Doch mit dieser Schulung könnte ich kündigen und für Ihre Konkurrenz arbeiten. In diesem Fall wäre Ihre Investition in mich verloren», erklärt Maskin. «Somit hat der Privatsektor von sich aus möglicherweise keine ausreichenden Anreize, die Umschulung zu übernehmen. Darum könnten sich staatliche Programme, die Umschulungen zumindest subventionieren, als sehr wichtig erweisen.»

Romer, der einen Teil seiner Berufslaufbahn im Silicon Valley verbracht hat, stimmt zu. «Ich habe einmal ein Technologie-Start-up-Unternehmen gegründet und kann mich sehr gut an den Optimismus dieser Zeit erinnern. Wir waren so optimistisch, dass eine Gruppe von Menschen, die gemeinschaftlich ausserhalb der üblichen staatlichen Institutionen handelten, etwas erreichen könnte, von dem alle enorm profitieren würden. Diese optimistische Vision hat sich nicht bestätigt. Und im Rückblick kann ich feststellen, dass ich mich getäuscht hatte, wenn ich dachte, dass wir dies am Staat vorbei schaffen würden. Wir können die Richtung der Technologie kontrollieren, wenn wir zusammenarbeiten.»

Obwohl eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsmärkte zu erwarten ist – und bereits begonnen hat –, enthielten die vielen Gespräche, die wir geführt haben, auch eine positive Botschaft:
Die Zukunft der Arbeit muss nicht so düster aussehen, wenn die Menschen bereit sind für lebenslanges Lernen, wenn sich Unternehmen verpflichten, in Humankapital zu investieren, und wenn politische Entscheider und Regulierungsbehörden die fundamentale Rolle akzeptieren, die sie übernehmen müssen, um sicherzustellen, dass niemand abgehängt wird.

«Mit jeder neuen Generation werden wir meiner Meinung nach besser aufgestellt sein», sagt Holmström.

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